Klaus von Brocke, Dr. Stefan Müller
Rz. 191
Charakteristisch für die Behandlung der Personengesellschaften nach dem deutschen Steuerrecht als steuerliche Mitunternehmerschaften ist, dass sie nicht selbst Steuersubjekt der Körperschaft- oder Einkommensteuer sind. Sie werden vielmehr als bloßes Einkunftsermittlungssubjekt angesehen. Das bedeutet, dass die Mitunternehmerschaft selbst nicht körperschaft- oder einkommensteuerpflichtig ist. Vielmehr trifft die Steuerpflicht bezüglich ihrer Einkünfte die Gesellschafter (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese sind mit ihrem Anteil an den Einkünften der Personengesellschaft ihrerseits körperschaft- (insbesondere Kapitalgesellschaften) oder einkommensteuerpflichtig (natürliche Personen). Die Personengesellschaft wird aus deutscher steuerlicher Sicht also als transparent behandelt.
Rz. 192
Beteiligt sich folglich eine GmbH als Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft, so ist sie mit den ihr zuzurechnenden Einkünften aus der Mitunternehmerschaft körperschaftsteuerpflichtig. Da eine Mitunternehmerschaft ihrerseits mit ihren Einkünften aus Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer unterliegt, werden positive Einkünfte aus einer Mitunternehmerschaft bei Ermittlung des Gewerbeertrags im Rahmen der Gewerbesteuerveranlagung der GmbH gem. § 9 Nr. 2 GewStG gekürzt und negative Einkünfte entsprechend gem. § 8 Nr. 8 GewStG hinzugerechnet, so dass eine doppelte Erfassung bei der Gewerbesteuer vermieden wird.
Rz. 193
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 EStG kann eine Personengesellschaft sog. originär gewerbliche Einkünfte erzielen, indem sie selbst einen Gewerbebetrieb unterhält. Darüber hinaus können die Einkünfte einer Personengesellschaft auch gewerblich infiziert sein (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Das ist der Fall, wenn sie neben Einkünften aus anderen Tätigkeiten auch solche aus Gewerbebetrieb (z.B. auch aus der Beteiligung an einer Einkünfte aus Gewerbebetrieb vermittelnden Personengesellschaft) erzielt. Unter dieser Voraussetzung werden sämtliche ihrer Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb umqualifiziert. Zudem werden sämtliche Einkünfte einer Personengesellschaft zu solchen aus Gewerbebetrieb, wenn es sich um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) handelt. Das setzt voraus, dass ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind. Insoweit fragt sich, ob diese Umqualifizierungen auch dazu führen, dass eine solche Personengesellschaft Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA erzielt. Die deutsche Finanzverwaltung ging davon aus, dass Einkünfte, die nach deutschem Steuerrecht als gewerblich qualifiziert werden, auch für Zwecke der DBA als Unternehmensgewinne betrachtet werden müssen, ungeachtet einer anderweitigen Einordnung nach dem Steuerrecht des anderen Vertragsstaates. Die Rechtsprechung und mit ihr wesentliche Teile der Literatur beurteilen das anders und qualifizieren die Einkünfte unabhängig von ihrer gewerblichen Infektion oder Prägung nach deutschem Steuerrecht für Zwecke des DBA autonom nach diesem. Dem folgt inzwischen auch die Finanzverwaltung.
Rz. 194
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG jedoch nicht nur die Gewinnanteile des Mitunternehmers, sondern auch die Vergütungen, die er von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezieht. Diese Vergütungen werden auch als Sondervergütungen bzw. Sonderbetriebseinnahmen bezeichnet. Dementsprechend werden die Forderungen aufgrund der der Gesellschaft eingeräumten Darlehen und die überlassenen Wirtschaftsgüter als Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei der Mitunternehmerschaft behandelt und in einer Sonderbilanz geführt. Aus dem Betriebsvermögen eines anderen Betriebes des Gesellschafters werden diese Wirtschaftsgüter demgegenüber ausgeschieden. Etwaige Verbindlichkeiten zur (Re-)Finanzierung der Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens werden gleichfalls dem (passiven) Sonderbetriebsvermögen zugeordnet. Darüber hinaus werden insbesondere Verbindlichkeiten zur Finanzierung des Erwerbs der Beteiligung an einer Personengesellschaft dem Sonderbetriebsvermögen zugeordnet. Nach § 50d Abs. 10 Satz 1 und 2 EStG greift eine Umqualifikation (z.B. von Einkünften aus Kapitalvermögen in solche aus Gewerbebetrieb bei Darlehensvergabe eines Gesellschafters an seine Personengesellschaft) auch für die Qualifikation der Einkünfte nach DBA. Aus ihr folgt die Zuweisung des Besteuerungsrechts an den einen oder den anderen Vertragsstaat.
Rz. 195
Die Besonderheiten der deutschen Personengesellschaftsbesteuerung schaffen in grenzüberschreitenden Gestaltungen wiederum Qualifikationskonflikte und damit Möglichkeiten einer doppelten Nichtbesteuerung von Einkünften (sog. negativer Qualifikationskonflikt) oder eines doppelten Abzugs von ...