Klaus von Brocke, Dr. Stefan Müller
Rz. 352
Die Verknüpfung zwischen Umwandlungsgesetz und Umwandlungssteuergesetz gilt nicht für die Einbringung, so dass diese Fälle auch ohne eine zivilrechtliche Regelung grenzüberschreitend steuerneutral möglich sind. Die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils in eine EU-/EWR-Kapitalgesellschaft ist durch § 20 UmwStG geregelt. Danach ist grundsätzlich der gemeine Wert der eingebrachten Wirtschaftsgüter beim übertragenden Rechtsträger anzusetzen. Es besteht jedoch unter bestimmten Voraussetzungen ein Wahlrecht, den Buch- oder einen Zwischenwert (zwischen Buch- und gemeinem Wert) für die eingebrachten Wirtschaftsgüter anzusetzen (§ 20 Abs. 2 UmwStG). Das ist nur so weit möglich, als das übernommene Betriebsvermögen kein negatives Kapital aufweist, das deutsche Besteuerungsrecht nicht eingeschränkt und keine Gegenleistung über neue Geschäftsanteile hinaus gewährt wird.
Rz. 353
Die grenzüberschreitende Einbringung ist ebenso wie die rein inländische Einbringung von Gesellschaftsanteilen an unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften in eine EU-/EWR-Kapitalgesellschaft (sog. Anteilstausch) durch § 21 UmwStG geregelt. Grundsatz ist auch beim Anteilstausch nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG der Ansatz zum gemeinen Wert. Buch- und Zwischenwertansatz können nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG auf Antrag gewählt werden, wenn die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung nachweisbar unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft innehat (qualifizierter Anteilstausch). Die Wahl des Buch- oder Zwischenwertansatzes besteht auch hier, soweit das deutsche Recht zur Besteuerung eines Veräußerungsgewinns hinsichtlich der bei dem Tausch erhaltenen neuen Geschäftsanteile nicht eingeschränkt wird (§ 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG). Dabei ist das konkret bestehende Besteuerungsrecht hinsichtlich der eingebrachten Anteile mit dem nach der Einbringung an den neuen Anteilen bestehenden zu vergleichen.
Rz. 354
Sowohl bei der Einbringung als auch beim Anteilstausch mit einem Wert unter dem gemeinen Wert (Wahl des Buch- oder Zwischenwertansatzes) kommt es jedoch zu einer nachträglichen Versteuerung der stillen Reserven, wenn nicht bestimmte Behaltensfristen beachtet werden (§ 22 UmwStG).
Rz. 355
Vor Inkrafttreten des SEStEG war in § 23 Abs. 1 UmwStG a.F. der Fall geregelt, dass eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) einen Betrieb oder Teilbetrieb in eine inländische Betriebsstätte einer beschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaft eines anderen Mitgliedstaates einbringt. In den Absätzen 2 und 3 des § 23 UmwStG a.F. waren weitere Einbringungsfälle erfasst, während § 23 Abs. 4 UmwStG a.F. den Anteilstausch im Hinblick auf EU-Kapitalgesellschaften regelte. Sämtliche Absätze nahmen Bezug auf § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG a.F., wonach die einbringende Gesellschaft die erhaltenen Anteile mit dem Wert zu bewerten hatte, mit dem die übernehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzte. Im Ergebnis kommt es dadurch zu einer Verdoppelung der stillen Reserven, die mittelbar zu einer Doppelbesteuerung des gesamten Vorgangs führt. Kritisch ist diese Bestimmung zudem, weil das ausländische Recht in grenzüberschreitenden Fällen häufig keinen Buchwertansatz zuließ.
Rz. 356
Das FG Baden-Württemberg hatte zu dieser doppelten Buchwertverknüpfung im Falle von § 23 Abs. 4 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG a.F., also des Anteilstausches, bereits entschieden, dass diese nicht mit Art. 8 Abs. 1 und 2 der Fusions-Richtlinie a.F. vereinbar ist. Nach Ansicht des Gerichts besagte der Richtlinientext der Fusions-Richtlinie a.F., dass die Steuerneutralität des Anteilstausches nur auf die Buchwertverknüpfung auf der Ebene eines Gesellschafters abstellen darf, nicht jedoch auf das Vorliegen von zwei Bedingungen, wie es die doppelte Buchwertverknüpfung mit der Übernahme der Buchwerte durch die übernehmende und zugleich durch die einbringende Kapitalgesellschaft fordert. Die Fusions-Richtlinie a.F. enthielt keine Voraussetzungen für eine doppelte Buchwertverknüpfung und gestattete diese auch nicht, so dass es an einer unionsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage dafür fehlte. Die Fusions-Richtlinie a.F. als unmittelbar geltendes, höherrangiges Recht ging danach den entgegenstehenden Regelungen des UmwStG a.F. vor. Nachdem die Finanzverwaltung Revision gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg zum BFH eingelegt hatte, hatte dieser die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Daraufhin hat der EuGH im Sinne des FG Baden-Württemberg entschieden und festgestellt, dass die doppelte Buchwertverknüpfung mit der Fusions-Richtlinie a.F. nicht vereinbar war. § 21 UmwStG enthält keine Bindung an Wertansätze aufgrund ausländischer Rechtsordnungen mehr, so dass die vom EuGH als EU-rechtswidrig beurteilte doppelte Buchwertverknüpfung beim Anteilstausch aufgegeben wurde.