Klaus von Brocke, Dr. Stefan Müller
a) Ziel der Zins- und Lizenz-Richtlinie
Rz. 51
Die Zins- und Lizenz-Richtlinie zielt auf Beseitigung der Doppelbelastung bei Zins- und Lizenzzahlungen zwischen verbundenen Unternehmen ab. Dies wird dadurch erreicht, dass eine Besteuerung der Zins- und Lizenzzahlungen im Quellenstaat der Zahlungen unterbleibt und das alleinige Besteuerungsrecht dem Staat, in dem der Nutzungsberechtigte ansässig ist, zugewiesen wird.
b) Tatbestandsvoraussetzungen
Rz. 52
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Zahlung von Zinsen oder Lizenzgebühren |
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zwischen in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen (bzw. deren Betriebsstätten), die eine der im Anhang genannte Rechtsform aufweisen |
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unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht der Unternehmen im Ansässigkeitsstaat (gem. Art. 3a iii) der Richtlinie) und |
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die Unternehmen sind zu mindestens 25 % unmittelbar miteinander verbunden oder an ihnen ist ein (gleiches) drittes Unternehmen (Muttergesellschaft) zu mindestens 25 % unmittelbar beteiligt. |
Rz. 53
Weitergehende Vergünstigungen aufgrund von DBA-Regelungen bleiben neben der Zins- und Lizenz-Richtlinie anwendbar.
aa) Umsetzung der Richtlinie
Rz. 54
Nach Art. 7 der Zins- und Lizenz-Richtlinie waren die Umsetzungsvorschriften in den EU-Mitgliedstaaten zum 1.1.2004 in Kraft zu setzen. Der deutsche Gesetzgeber hat die Grundsätze der Zins- und Lizenz-Richtlinie durch § 50g EStG in nationales Recht umgesetzt. § 50g EStG ist zwar erst am 2.12.2004 verkündet worden, gilt aber rückwirkend für Zins- und Lizenzzahlungen nach dem 31.12.2003 (vgl. Übergangsvorschriften gem. § 52 Abs. 59b EStG).
bb) Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen
(1) Zins- oder Lizenzzahlungen
Rz. 55
Gemäß Art. 2a der Richtlinie sind Zinsen Einkünfte aus Forderungen jeder Art, auch wenn die Forderungen durch Pfandrechte an Grundstücken gesichert oder mit einer Beteiligung am Gewinn des Schuldners ausgestattet sind. Zuschläge für verspätete Zahlungen gelten nicht als Zinsen. Der deutsche Gesetzgeber hat von der in Art. 4 der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, bestimmte Zinszahlungen aus dem Anwendungsbereich herauszunehmen. So werden Zinsen, die als verdeckte Gewinnausschüttungen gelten, sowie gewinnabhängige Verzinsungen wie beispielsweise Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter oder Zinsen aus partiarischem Darlehen nicht nach § 50g EStG von der Quellensteuer befreit. Für verdeckte Gewinnausschüttungen kommt aber bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine Quellensteuerbefreiung nach der Mutter-Tochter-Richtlinie in Betracht. Ebenfalls nicht von § 50g EStG erfasst werden unangemessen hohe Zinszahlungen, soweit sie den fremdüblich vereinbarten Betrag übersteigen.
Rz. 56
Lizenzzahlungen sind gem. Art. 2b der Richtlinie insbesondere Vergütungen jeder Art für die Benutzung von Marken, Patenten, geheimen Formeln und Verfahren sowie für die Mitteilung gewerblicher Verfahren. Lizenzen müssen für die Nutzung gezahlt werden. Nicht erfasst werden damit Zahlungen aufgrund von Veräußerungen bzw. Vereinbarungen, bei denen kaufvertragliche Elemente überwiegen.
Rz. 57
Das die Zahlungen empfangende Unternehmen muss die Zinsen oder Lizenzen zu eigenen Gunsten erhalten, d.h. Nutzungsberechtigter sein. Nicht befreit sind danach Zahlungen, soweit der Empfänger als Treuhänder, Vertreter oder Bevollmächtigter auftritt (Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie). Bei Zahlungen an eine Betriebsstätte ist erforderlich, dass die Forderung tatsächlich der Betriebsstätte zuzurechnen ist. Ein bloßer Zusammenhang mit der Betriebsstätte reicht nicht aus.
(2) Begünstigte Unternehmensform
Rz. 58
In den Anwendungsbereich der Zins- und Lizenz-Richtlinie gelangen nur Zahlungen zwischen bestimmten Unternehmensformen (bzw. deren Betriebsstätte). Zu den begünstigten Unternehmen zählen entsprechend dem Anhang zur Richtlinie insbesondere Kapitalgesellschaften wie die deutsche GmbH oder AG, die niederländische B.V. oder die französische S.A. Die Europäische Aktiengesellschaft (SE) ist in dem Anhang zwar nicht enthalten. Aufgrund des in Art. 10 der SE-Verordnung enthaltenen Diskriminierungsverbotes ist die SE jedoch wie eine nationale Aktiengesellschaft eines EU-Mitgliedstaates zu behandeln.
(3) Unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht im Ansässigkeitsstaat
Rz. 59
Der Ansässigkeitsbegriff stellt auf die unbeschränkte Steuerpflicht in einem EU-Mitgliedstaat ab. Gilt ein Unternehmen aufgrund Doppelbesteuerungsabkommen zwischen einem EU-Staat und einem Drittstaat als außerhalb der EU ansässig, wird eine Quellensteuerfreistellung nicht gewährt. Daneben muss das Unternehmen einer der in Art. 3 Abs. 2 iii) der Richtlinie aufgeführten oder vergleichbaren Körperschaftsteuer des jeweiligen EU-Mitgliedstaates unterliegen.
(4) Verbundene Unternehmen
Rz. 60
Die Zins- und Lizenz-Richtlinie gilt nur für Zins- und Lizenzzahlungen zwischen verbundenen Unternehmen. Als verbunden gelten Unternehmen gem. Art. 3b der Richtlinie, w...