Klaus von Brocke, Dr. Stefan Müller
Rz. 72
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Bestimmte zur Steuerneutralität berechtigende Vorgänge |
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zwischen Kapitalgesellschaften, die eine der im Anhang zur Richtlinie genannte Rechtsform aufweisen |
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unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht im Ansässigkeitsstaat (gem. Art. 3b und 3c der Richtlinie) |
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Zugehörigkeit der beteiligten Kapitalgesellschaft zu verschiedenen EU-Mitgliedstaaten |
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Betriebsstätten- und Steuerverhaftungsbedingung. |
aa) Umsetzung der Richtlinie
Rz. 73
Nach Art. 12 der Fusions-Richtlinie war diese bis zum 31.12.1991 durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen. Auf Vorschlag der EU-Kommission hat der Rat der EU-Finanzminister einige Änderungen der Fusions-Richtlinie beschlossen. Die im Rahmen dieser Änderungen hinzugekommenen Anpassungen waren in Bezug auf die Regelungen betreffend die Europäische Aktiengesellschaft (SE) und Europäische Genossenschaft (SCE) bis zum 1.1.2006, im Übrigen bis zum 1.1.2007 umzusetzen.
Rz. 74
Im Rahmen des am 13.12.2006 in Kraft getretenen Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) wurde das deutsche Umwandlungssteuergesetz vollständig neu gefasst. Der persönliche Anwendungsbereich des Umwandlungssteuergesetzes wurde auf alle in der EU und EWR ansässigen Rechtsträger ausgedehnt und die Regelungen für Spaltung und Verschmelzung wurden kodifiziert. Dadurch wurde die Möglichkeit zur grenzüberschreitenden Verschmelzung, jedoch nicht zur grenzüberschreitenden Spaltung geschaffen.
bb) Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen
(1) Steuerneutrale Vorgänge
Rz. 75
Zu den von der Fusions-Richtlinie begünstigten Vorgängen zählen gem. Art. 2 der Fusions-Richtlinie:
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Fusion |
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Spaltung |
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Abspaltung |
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Einbringung von ganzen Betrieben oder Teilbetrieben |
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Anteilstausch. |
Rz. 76
Infolge der im Jahr 2005 beschlossenen Änderung gilt die Fusions-Richtlinie auch für die Europäische Aktiengesellschaft (SE) sowie die Europäische Genossenschaft (SCE) und enthält entsprechende Regelungen über deren steuerneutrale Sitzverlegung über die Grenze. Daneben wurden auch begünstigende Regelungen über die Umwandlung von Zweigniederlassungen in Tochtergesellschaften und über transparente Gesellschaften eingeführt.
(2) Bestimmte Rechtsform der beteiligten Gesellschaften (Art. 3a Fusions-Richtlinie)
Rz. 77
Die Fusions-Richtlinie gilt nur für bestimmte, im Anhang zur Richtlinie genannte Kapitalgesellschaften. Hierzu zählt insbesondere die deutsche GmbH. Die EU-Finanzminister sind im Rahmen der o.g. Änderungen der Fusions-Richtlinie dem Kommissionsvorschlag zur Aufnahme steuerlich transparenter Rechtsformen (z.B. Personengesellschaften) in die Richtlinie nicht gefolgt. Die Aufnahme bleibt damit ins Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt.
(3) Unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht und Ansässigkeit in der EU (Art. 3b und 3c Fusions-Richtlinie)
Rz. 78
Die Kapitalgesellschaften müssen ohne Befreiung und ohne Wahlmöglichkeit körperschaftsteuerpflichtig sein und der steuerlich relevante Ansässigkeitsort muss in der EU liegen. Bei Doppelansässigkeit entscheidet das jeweilige DBA über die Ansässigkeit.
(4) Zugehörigkeit zu unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten (Art. 1a Fusions-Richtlinie)
Rz. 79
Für die Anwendung der Richtlinie dürfen nur Gesellschaften aus zwei oder mehreren Mitgliedstaaten beteiligt sein. Vorgänge, die sich zwischen Gesellschaften ein und desselben Staates oder unter Beteiligung eines Drittstaates abspielen, sind von der Richtlinienbestimmung ausgeschlossen.
(5) Betriebsstätten- und Steuerverhaftungsbedingung (Art. 4 Abs. 1b Fusions-Richtlinie)
Rz. 80
Die Fusions-Richtlinie fordert, dass ein Wirtschaftsgut, das bei Umstrukturierungen die rechtliche Zugehörigkeit wechselt, nach dem Vorgang im gleichen Staat wie vorher einer Betriebsstätte des neuen, übernehmenden Unternehmens angehören muss. Ist dies nicht gewährleistet, kann der jeweilige Mitgliedstaat im Rahmen seiner nationalen Steuerrechtsnormen Regelungen über eine Besteuerung der stillen Reserven treffen. Daneben muss das Wirtschaftsgut nach der Umstrukturierung auch zum wirtschaftlichen Ergebnis der Betriebsstätte beitragen.