Klaus von Brocke, Dr. Stefan Müller
Rz. 200
Auch für das DBA-Recht ist entscheidend, ob eine Gesellschaft aufgrund eines Rechtstypenvergleichs als Personen- oder Kapitalgesellschaft zu qualifizieren ist, weil insbesondere die Abkommensberechtigung, d.h. ob sie selbst Rechte aus einem DBA herleiten kann, davon abhängt. Zum Teil werden Personengesellschaften durch einzelne DBA als abkommensberechtigte Personen qualifiziert (vgl. z.B. die DBA der Bundesrepublik Deutschland mit Spanien, Belgien, Polen, Italien, Südafrika), was für sie vor allem hinsichtlich der Quellenbesteuerung Erleichterungen bringt.
Rz. 201
Im Ergebnis kommt es jedoch darauf an, ob die Personengesellschaft durch den Sitzstaat der Gesellschaft einerseits und den Ansässigkeitsstaat des jeweiligen Gesellschafters als transparent oder intransparent betrachtet wird. Das deutsche Steuerrecht beurteilt Personengesellschaften regelmäßig als transparent, d.h. es wird durch die Gesellschaft hindurch auf den Gesellschafter gesehen, der selbst Steuersubjekt ist. Wird die Gesellschaft von beiden Staaten als transparent betrachtet, werden die Gesellschafter als diejenigen betrachtet, die die Einkünfte erzielen. Im Ergebnis wird die Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft dann sowohl von dem Sitzstaat der Gesellschaft als auch von dem Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters als Betriebsstätte des Gesellschafters behandelt, so dass grundsätzlich die Bestimmungen des DBA Anwendung finden, die im Verhältnis Gesellschafter und Einkunftsquelle der Gesellschaft anzuwenden sind.
Rz. 202
Beispiel: Gesellschafter A ist im Staat X ansässig und an einer Personengesellschaft mit Sitz im Staat Y beteiligt. Die Personengesellschaft erzielt Unternehmensgewinne aus ihren Betriebsstätten in den Staaten Y und Z. Sämtliche Staaten betrachten die Personengesellschaft als transparent.
Auf die Einkünfte aus der Personengesellschaft finden hinsichtlich der auf die Betriebsstätte in Y entfallenden Einkünfte das DBA X–Y und der auf die Betriebsstätte in Z entfallenden Betriebsstätte das DBA X–Z mit den Art. 7 OECD-MA entsprechenden Bestimmungen Anwendung, sofern keine besonderen Tatbestände Vorrang haben (z.B. weil die Betriebsstättengewinne Zinsen oder Lizenzgebühren enthalten).
Rz. 203
Betrachtet der Sitzstaat die Personengesellschaft hingegen als intransparent, wird die Gesellschaft als selbstständiges Steuersubjekt behandelt. Das hat zur Folge, dass auf den von ihr erzielten Gewinn Art. 7 OECD-MA anwendbar ist, während die Gewinnverteilung als Dividende i.S.d. Art. 10 OECD-MA des Gesellschafters zu beurteilen ist, so dass der Gesellschafter aus seiner Beteiligung an der Personengesellschaft keine Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA erzielt. Der Quellenstaat ist damit auch befugt, ggf. Quellensteuer von den Dividendenzahlungen zu erheben. Die damit vom Sitzstaat der Gesellschaft der Personengesellschaft zugebilligte Abkommensberechtigung wird insoweit auch vom deutschen Fiskus für die Anwendung des einschlägigen DBA akzeptiert. Auf nationaler Ebene finden dann jedoch die Prinzipien der Besteuerung der Einkünfte aus einer Personengesellschaft mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG Anwendung. Das hat zur Folge, dass der Gesellschafter die ausländische Steuer auf den Unternehmensgewinn nach § 34c EStG anrechnen kann. Die Gewinnausschüttungen der Personengesellschaft werden nach deutschem Steuerrecht jedoch wiederum als bloße Entnahmen qualifiziert. Nach deutschem nationalen Steuerrecht liegen folglich keine Einkünfte vor, auf die die vom Quellenstaat erhobene Quellensteuer entfallen könnte, so dass die Quellensteuer nicht auf die deutsche Steuer angerechnet werden kann; auch ein Abzug scheidet aus.
Besondere Qualifikationskonflikte können sich hinsichtlich der Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. HS EStG ergeben.
Rz. 204
Für Leistungsbeziehungen zwischen einer ausländischen vermögensverwaltenden Personengesellschaft und ihrem inländischen Gesellschafter sieht der mit dem ATAD-UmsG eingeführte § 4k Abs. 2 S. 2 EStG vor, dass in Fällen, in denen der ausländische Sitzstaat der Personengesellschaft diese als intransparente Gesellschaft qualifiziert und damit Aufwendungen aus Leistungsbeziehungen zu ihrem inländischen Gesellschafter steuerlich berücksichtigt, Deutschland den Ertrag aus einer solchen Leistungsbeziehung besteuert. Technisch erfolgt dies dadurch, dass die Regelung die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ("Bruchteilsbetrachtung"), die an sich zur Nichtberücksichtigung einer solchen Leistungsbeziehung in Deutschland geführt hätte, suspendiert.