Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 73
Nachdem das Gericht in seiner Ladung Tag und Uhrzeit der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, kann sich eine Terminkollision herausstellen. Dann muss ein Antrag auf Verlegung eines Termins gemäß § 227 Abs. 1 ZPO gestellt werden. Nach dieser Vorschrift kann aus erheblichen Gründen ein Termin aufgehoben oder verlegt oder eine Verhandlung vertagt werden. Die persönliche Verhinderung des Prozessbevollmächtigten wegen anderweitiger Verpflichtungen, insbesondere wegen beruflich wahrzunehmender Termine, ist regelmäßig ein erheblicher Grund nach § 227 Abs. 1 ZPO, weil der Mandant erwarten darf, im Termin von demjenigen Anwalt vertreten zu werden, der die Sachbearbeitung des Mandats übernommen hat und sein Vertrauen genießt.
Es genügt aber nicht, sich mit der anderen Partei dahingehend zu verständigen, dass der Termin verschoben werden soll, denn das Einvernehmen der Parteien allein ist kein erheblicher Grund für eine Terminänderung, § 273 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 ZPO.
Rz. 74
Bei dem Terminverlegungsantrag wegen eines anderen Termins ist abzuwägen, welche der Angelegenheiten Vorrang hat. Um dem Gericht die Prüfung zu ermöglichen, ob ein erheblicher Grund, welcher zur Terminverlegung führt, vorliegt, muss der Anwalt, der eine Verhinderung geltend macht, dem Gericht daher mitteilen, aus welchen Gründen die Terminkollision nicht zu beseitigen und der andere Termin wichtiger ist; dabei hat er alles ihm Mögliche und Zumutbare zu tun, um dem Gericht rechtzeitig seine Verhinderung mitzuteilen und hierdurch eine Verlegung oder Vertagung des Termins zu ermöglichen. Erhebliche Gründe gemäß § 227 Abs. 1 ZPO sind regelmäßig solche, die zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erfordern. Liegen solche Gründe vor, verdichtet sich das Ermessen des Gerichts zu einer Rechtspflicht, den Termin zu verlegen, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird.
Ist der andere Gerichtstermin vorher anberaumt gewesen, ist der entsprechende vorherige Zugang der Ladung mitzuteilen und ggf. die Ladung beizufügen. Ferner ist abzuwägen, welcher der Termine leichter zu verlegen ist. Ein Beweistermin dürfte regelmäßig dem schlichten Verhandlungstermin vorzuziehen sein, selbst wenn Letzterer bei einem höheren Gericht anberaumt ist.
Rz. 75
Auch bei einem Urlaub oder einer Fortbildungsveranstaltung des Rechtsanwalts muss das Gericht dem Wunsch der Partei, durch den informierten und eingearbeiteten Anwalt ihres Vertrauens vertreten zu werden, entsprechen. Ausnahmsweise kann eine Vertretung durch einen anderen Anwalt aus der Sozietät im Einvernehmen mit der Partei in Betracht kommen.
Rz. 76
Unerheblich für eine Terminänderung ist außer dem Einvernehmen der Parteien, § 227 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 ZPO, wenn:
Rz. 77
Ein erheblicher Grund für eine Terminänderung besteht:
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bei Nichteinhaltung von Ladungs- oder Einlassungsfristen, |
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bei einem notwendigen Anwaltswechsel und einer Einarbeitung des neuen Anwalts, |
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bei Erkrankung/Urlaub der Partei oder des sachbearbeitenden Rechtsanwalts, |
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bei Verhinderung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts wegen Terminkollision mit einer früheren Ladung in einem anderen Rechtsstreit, |
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wenn das Gericht über einen Antrag auf Bewilligung von Prozess-/Verfahrenskostenhilfe vorwerfbar noch nicht oder spät entschieden hat, |
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wenn eine gesetzliche, z.B. bei einem Mieterhöhungsverlangen (§§ 558 ff. BGB) oder eine vom Gericht gesetzte Frist bis zum Termin noch nicht abgelaufen ist. |
Rz. 78
Auf Verlangen des Gerichts bzw. des Vorsitzenden ist der erhebliche Grund glaubhaft zu machen, § 227 Abs. 2 ZPO.
Rz. 79
Termine vom 1. Juli bis 31. August sind auf einen innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminbestimmung zu stellenden begründungslosen Antrag vom Gericht zu verlegen. Insoweit besteht ein Anspruch auf Terminverlegung, § 227 Abs. 3 ZPO. Mit dem Eingang der Terminladung für diesen Zeitraum im Sommer sollte daher eine Wochenfrist notiert werden. Ausgenommen von dieser Möglichkeit der Terminverlegung sind eilige Angelegenheiten, u.a. Arrestanträge oder Anträge auf eine einstweilige Verfügung, Zwangsvollstreckungsverfahren, Wechsel- oder Scheckprozesse, bestimmte Bausachen sowie Streitigkeiten wegen der Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum nach §§ 574 bis 574b BGB.
Rz. 80
Wichtiger Hinweis
Bei einer erst kurzfristig und unvorhersehbar eintretenden Verhinderung an der Wahrnehmung eines Termins (z.B. wegen einer plötzlichen Erkrankung oder Unpässlichkeit auf dem Weg zum Gericht), muss ein Verfahrensbevollmächtigter für die Annahme einer unverschuldeten Säumnis nach der jüngst nochmals bestätigten Rechtsprechung des BGH...