Rz. 182

Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind die "Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gem. § 43 WEG" einzutragen. Nach allg. M. sind – obwohl das Gesetz von "Urteilsformeln" spricht – aber nicht nur Endurteile, sondern auch verfahrensbeendende gerichtliche Beschlüsse (z.B. die Zurückweisung einer Berufung durch Beschluss gem. § 522 ZPO) oder anderweitige Rechtshandlungen (z.B. eine Klagerücknahme oder Erledigterklärung) einzutragen.

 

Rz. 183

Die Urteilsformel (auch "Tenor" genannt) ist ein vom Prozessrecht (§ 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) definierter Begriff. Dazu gehören die Sachentscheidung ("Der Beschl. v. 20.5.2022 wird für ungültig erklärt") und die Nebenentscheidungen, das sind die Kostenentscheidung ("Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits") sowie die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ("Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar"). Man kann bezweifeln, dass der Gesetzgeber der WEG-Novelle bei der Verwendung des Begriffs "Urteilsformel" an die Nebenentscheidungen gedacht hat. Denn es ist nicht ersichtlich, welchen Sinn die Eintragung der Kostenentscheidung und der Entscheidung über die Vollstreckbarkeit haben könnten. Eine an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung kann deshalb nur zu dem Ergebnis kommen, dass diese Nebenentscheidungen des Urteils nicht eingetragen werden müssen; eine h.M. hat sich zu dieser Frage aber noch nicht herausgebildet. Demgegenüber ist es allgemeine Meinung, dass die (vom Gesetz nicht geforderte) Angabe des gerichtlichen Aktenzeichens sinnvoll ist.

 

Rz. 184

Auch klageabweisende Urteile sind einzutragen. Die Eintragung alleine der Urteilsformel "Die Klage wird abgewiesen" wäre allerdings ebenso sinnlos wie die Eintragung eines Beschlusses "Der Antrag wird abgelehnt/angenommen". Entsprechend dem Beschlussantrag beim Negativbeschluss ist also bei der Klageabweisung zu Informationszwecken der (in der letzten mündlichen Verhandlung gestellte) Klageantrag in die Beschluss-Sammlung einzutragen.

 

Rz. 185

Zu den Verfahren nach § 43 WEG gehören auch Rechtsstreitigkeiten unter den Wohnungseigentümern (§ 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG). Dazu gehört z.B. der Fall, dass A den B auf Unterlassung von Ruhestörungen verklagt. Der Verwalter ist an solchen Prozessen nicht beteiligt; er muss weder hinzugezogen (beigeladen), noch darüber informiert werden. Es ist daher völlig sinnlos, dass ihm das Gesetz die Pflicht auferlegt, auch solche Verfahren in die Beschluss-Sammlung einzutragen. Die Parteien des Rechtsstreits wären nicht einmal dann zur Information des Verwalters über den Inhalt des Rechtsstreits verpflichtet, wenn dieser unter Hinweis auf seine Pflicht zur Eintragung in die Beschluss-Sammlung danach fragen würde. Auch hier hilft nur eine Auslegung und Anwendung des Gesetzes nach Sinn und Zweck; d.h.: (Nur) wenn und soweit der Verwalter Kenntnis von derartigen Rechtsstreitigkeiten erlangt, z.B. infolge entsprechender Information seitens einer der Parteien, hat er diese Informationen zur Eintragung zu bringen. Eine Erkundigungs- oder Nachforschungspflicht des Verwalters besteht hingegen nicht.

 

Rz. 186

Hausgeldklagen sind Streitigkeiten gem. § 43 Abs. 2 Nr. 2 WEG, weshalb die Urteile in die Beschluss-Sammlung eingetragen werden müssen. Natürlich kann man sich fragen, welchen Sinn die Eintragung in die Beschluss-Sammlung haben soll: Mit dem vom Gesetzgeber angegebenen Zweck der Information über "… mit der aktuellen Beschlusslage zusammen hängenden gerichtlichen Entscheidungen" haben Hausgeldklagen jedenfalls nichts zu tun. Sogar der Inhalt von Vollstreckungsbescheiden ist einzutragen, da ein Vollstreckungsbescheid einem vorläufig für vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich steht (§ 700 Abs. 1 ZPO). Die Eintragungsfähigkeit wird in der Literatur zwar teilweise bestritten; wenn man jedoch die Eintragungsfähigkeit von Zahlungsurteilen bejaht, kann man diejenige von Vollstreckungsbescheiden nicht verneinen.

 

Rz. 187

Problematisch und umstritten ist die Eintragung von Vergleichen. Gegen die Eintragungsfähigkeit spricht formal gesehen die Tatsache, dass Vergleiche keine "Urteilsformel" enthalten. Zudem ist es ganz allgemein nicht geklärt und jedenfalls vom Einzelfall abhängig, inwieweit Rechtsnachfolger an den Inhalt von Vergleichen gebunden sind, sodass die Eintragung in der Beschluss-Sammlung bei unbedarften Käufern den evtl. unzutreffenden Eindruck erwecken könnte, sie seien an einen Vergleich gebunden. Auf der anderen Seite schließen Vergleiche wie ein rechtskräftiges Urteil ein gerichtliches Verfahren endgültig ab und prägen somit die Rechtslage innerhalb der Gemeinschaft. Die besseren Gründe sprechen somit für die Eintragung von Vergleichen.

 

Rz. 188

Ein gerichtliches Verfahren findet mit dem Erlass einer Entscheidung in erster Instanz nicht zwangsläufig sein Ende; es gibt auch eine zweite Instanz. Insoweit gilt für Beschlüsse und gerichtliche Entscheidungen gem. § 24 Abs. 7 S. 4 WEG das Gleiche: "Werden sie (die gerichtlichen Entscheidu...

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