I. Allgemeines
Rz. 165
Der Verwalter muss nicht nur ein Protokoll ("Niederschrift") der in einer Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse fertigen; er muss darüber hinaus auch eine Beschluss-Sammlung führen (§ 24 Abs. 7 und Abs. 8 WEG). Diese Sammlung hat den Zweck, "einem Erwerber von Wohnungseigentum, den Wohnungseigentümern selbst und dem Verwalter in übersichtlicher Form Kenntnis von der aktuellen Beschlusslage der Gemeinschaft und damit zusammenhängenden gerichtlichen Entscheidungen" zu geben. Gem. § 24 Abs. 7 Satz 8 WEG ist "einem Wohnungseigentümer oder einem Dritten, den ein Wohnungseigentümer ermächtigt hat, auf sein Verlangen Einsicht in die Beschluss-Sammlung zu geben."
Rz. 166
Die Regelungen über die Beschluss-Sammlung sind erstmals mit der WEG-Reform 2007 eingeführt worden. Die schon damals dagegen erhobenen vielfachen Warnungen haben sich leider bewahrheitet. Die Beschluss-Sammlung hat sich nicht bewährt. Sie hat einen erheblichen bürokratischen Aufwand zur Folge, wirft zahlreiche Zweifelsfragen auf und zeitigt kaum einen erkennbaren Nutzen. Von einer "übersichtlichen" Information kann bei der vom Gesetz geforderten unterschiedslosen Sammlung aller Beschlüsse keine Rede sein: Die wenigen wichtigen Beschlüsse mit Dauerwirkung werden überlagert von der Vielzahl an Beschlüssen, die lediglich der laufenden Verwaltung dienen (wie z.B. Abrechnungsbeschlüsse) und die spätestens nach ein, zwei Jahren niemanden mehr interessieren. Komplettiert wird die Überfrachtung durch die Aufnahme des jeweils vollständigen Tenors von Zahlungsurteilen oder Vollstreckungsbescheiden. Der Gesetzgeber der WEG-Reform 2020 hatte diese Defizite erkannt und deshalb zunächst die Abschaffung der Beschluss-Sammlung vorgesehen. Auf "den letzten Metern" des Gesetzgebungsverfahrens kam es im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz aber plötzlich (aus nicht nachvollziehbaren Gründen) dazu, dass die bisherigen Bestimmungen doch erhalten blieben; die Mitglieder des Rechtsausschusses waren der Auffassung, die Beschluss-Sammlung habe sich doch bewährt und solle deshalb beibehalten werden.
Rz. 167
Praxistipp
Durch Vereinbarung (Ergänzung der Gemeinschaftsordnung) kann die Pflicht zur Führung der Beschluss-Sammlung abgeschafft werden (str.). Das ist jeder Gemeinschaft zu empfehlen (wird erfahrungsgemäß aber allenfalls in kleineren Gemeinschaften klappen).
II. Einzelheiten
1. Der Verpflichtete
Rz. 168
§ 24 Abs. 8 WEG sieht Folgendes vor: "Die Beschluss-Sammlung ist von dem Verwalter zu führen. Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung verpflichtet, die Beschluss-Sammlung zu führen, sofern die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit keinen anderen für diese Aufgabe bestellt haben." Wenn es – wie üblich – einen Verwalter gibt, ist die Verantwortlichkeit klar: Sie trifft den Verwalter. Hingegen ist die gesetzliche Regelung für den Fall des Fehlens eines Verwalters nach einhelliger Auffassung verfehlt und jedenfalls nicht praktikabel. Geht es um kleine Gemeinschaften ohne Verwalter, geht die Zuständigkeitszuweisung auf den "Vorsitzenden der Wohnungseigentümerversammlung" ins Leere: Denn kleine Gemeinschaften pflegen sich ohne förmliche Bestimmung eines Versammlungsleiters zu treffen, sodass es mangels Versammlungsleiters keinen Adressaten für die Pflicht zur Führung der Beschluss-Sammlung gibt. Wird in einer Versammlung aber ad hoc ein Versammlungsleiter gewählt, kann dieser die ihn treffende Pflicht gar nicht umsetzen, selbst wenn er es wollte: Denn wie könnte eine Person, die ausschließlich zur Leitung einer Versammlung gewählt wurde, die Beschluss-Sammlung "führen"? Das ist nicht möglich. Der Versammlungsleiter kann nur das Protokoll der von ihm geleiteten Versammlung erstellen, aber nicht eine Sammlung führen, die ihm gar nicht vorliegt. Erst recht ist fraglich, wie die Beschluss-Sammlung zu führen ist, wenn der Versammlungsvorsitz während des Laufs der Versammlung wechselt.
2. Form
Rz. 169
In welcher Form die Beschluss-Sammlung zu führen ist, schreibt das Gesetz nicht vor. Zwingend ist gem. § 24 Abs. 7 WEG lediglich, dass die Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen fortlaufend (d.h. in chronologischer Reihenfolge) einzutragen und zu nummerieren sind. Es kann sich bei der Beschluss-Sammlung daher um ein Buch, um eine Sammlung von Blättern in einem Hefter oder – was heutzutage der Normalfall sein wird – um ein elektronisches Dokument handeln. Entscheidend ist, dass die Sammlung zweckmäßig und übersichtlich geführt wird. In jedem Fall muss sie ein eigenständiges Werk sein; es genügt nicht, lediglich die Versammlungsprotokolle zu sammeln und geordnet aufzubewahren. Aber weil selbstverständlich der Wortlaut der gefassten Beschlüsse im Versammlungsprotokoll und in...