Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
1. Ehevertrag
Rz. 14
Der Ehevertrag muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden (§ 1410 BGB).
§ 1410 BGB hat die Funktion des Schutzes vor Übereilung der Vertragsschließenden, soll diese warnen und den unzweideutigen Beweis der getroffenen Vereinbarung sichern (Beweisfunktion), sowie durch Einschaltung des Notars die Gültigkeit der Vereinbarung gewährleisten (Gültigkeitsgewähr).
Gleichzeitige Anwesenheit bedeutet aber nicht, dass beide Vertragspartner persönlich bei der notariellen Beurkundung anwesend sein müssen. Eine Vertretung ist möglich. Es gibt keine Pflicht zum persönlichen Handeln. § 1410 BGB verbietet lediglich die Sukzessivbeurkundung, also den Abschluss durch Angebot und Annahme.
Rz. 15
Beispiel
F. und M. wollen einen Ehevertrag schließen und haben den Text mit dem Notar vorab erörtert. In der Hochzeitsnacht erkrankt die F. und lässt sich zur Beurkundung von Ihrer Schwiegermutter durch handschriftlich erteilte Vollmacht vertreten.
Frage: Ist dies zulässig?
Antwort: Vertretung ist möglich; die handschriftliche Vollmacht reicht aus, da nach § 167 Abs. 2 BGB die Erklärung nicht der Form bedarf, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist.
Hinweis
Gleichwohl hat der Notar die Beratung und Belehrung beider Vertragsteile zu sichern, § 17 BeurkG. Dies hat er im Beispiel durch Vorabbesprechung getan.
Ein Ehevertrag kann gem. § 2276 Abs. 2 BGB auch mit einem Erbvertrag verbunden werden. Für den Erbvertrag zwischen Ehegatten oder zukünftigen Ehegatten, der mit einem Ehevertrag in derselben Urkunde verbunden wird, genügt die für den Ehevertrag vorgeschriebene Form. Die Wirksamkeit von Verträgen zwischen zukünftigen Ehegatten tritt dann mit der Wirksamkeit der Heirat ein.
Rz. 16
Bei beschränkter Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten kann ein Ehevertrag gem. § 1411 Abs. 1 BGB nur mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossen werden.
Bei Geschäftsunfähigkeit eines Ehegatten schließt der gesetzliche Vertreter den Vertrag, § 1411 Abs. 2 BGB. Ist der gesetzliche Vertreter Vormund oder Betreuer, ist in ersterem Fall bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (§ 1903 BGB) und teilweisem oder vollständigem Ausschluss von Zugewinn sowie Vereinbarung oder Aufhebung von Gütergemeinschaft die Genehmigung des Betreuungsgerichts/Familiengerichts erforderlich, § 1411 Abs. 1 S. 3 BGB. Im zweiten Fall ist grundsätzlich die Genehmigung des Betreuungsgerichts/Familiengerichts erforderlich, § 1411 Abs. 2 S. 2 BGB.
2. Trennungs-/Scheidungsfolgenvereinbarung
Rz. 17
Im Gegensatz zum Ehevertrag ordnet das Gesetz für Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung keine generelle Beurkundungspflicht an.
Es gibt jedoch Ausnahmen:
▪ |
Vereinbarungen über den Unterhalt (§ 1585c Abs. 1 S. 2 BGB) |
▪ |
Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich (§ 7 VersAusglG) |
▪ |
Vereinbarungen über Zugewinnausgleichsregelung im Hinblick auf ein Scheidungsverfahren (§ 1378 Abs. 3 S. 2 BGB) sowie |
▪ |
Vereinbarungen über die Veräußerung von Grundstücken und Grundstücksteilen im Zusammenhang mit der Ehescheidung (§ 311b BGB). |
Rz. 18
Die vorbezeichneten Ausnahmen werden in der Praxis dadurch zur Regel erhoben, dass die Vereinbarungen einer der vorbezeichneten Ausnahmegegenstände zu der Beurkundungspflicht aller übrigen Vereinbarungen in diesem Vertrage führt, und zwar unter Berufung auf die Rechtsprechung zu § 125 BGB.
Rz. 19
Praxistipp
Die Beurkundungspflicht entfällt auch nicht dadurch, dass die Parteien die Regelungstatbestände auf zwei verschiedene Verträge aufteilen, und diesen Umstand dem Notar zur Vermeidung weiterer Notargebühren verschweigen. In einem derartigen Fall sind beide Verträge nichtig.
Ein Verstoß gegen Formvorschriften hat gem. § 125 S. 1 BGB die Nichtigkeit zur Folge. Eine Heilung, wie etwa nach § 311b S. 2 BGB, ist im Familienrecht nicht vorgesehen.
Dazu gilt im Einzelnen:
▪ |
Die Formbedürftigkeit gilt nur für den nachehelichen Unterhalt, nicht für den Trennungsunterhalt und den Verwandtenunterhalt einschl. Kindesunterhalt, auch nicht für den Unterhaltsanspruch des kindererziehenden nichtehelichen Elternteils i.S.v. § 1615l BGB). |
▪ |
Die Formbedürftigkeit gilt für jede Art von Vereinbarungen, also nicht nur für Verzicht, Befristungen, Abfindungen, sondern auch für Regelungen, die als nachehelicher Unterhalt qualifiziert werden, wie z.B. das begrenzte Realsplitting (Anlage U zur Einkommensteuererklärung). |
▪ |
Betroffen sind nur Vereinbarungen, die vor Rechtskraft der Scheidung geschlossen werden. Die Formbedürftigkeit gilt damit nicht für erstmals nach der Scheidung getroffene Vereinbarungen, aber auch nicht für die Abänderung notarieller Vereinbarungen nach Rechtskraft der Scheidung. |
▪ |
Eine Titulierung ist nicht vorgeschrieben. |
▪ |
Die notarielle Beurkundung wird nach § 127a BGB durch den gerichtlichen Vergleich ersetzt, jedoch nur in einem Verfahren in Ehesachen (§ 121 FamFG). |
▪ |
Es genügt ein Prozessvergleich nach ... |