1. Feststellungsklage auf Bestehen eines Pflichtteilsrechts

 

Rz. 152

Die Feststellungsklage ist die richtige Klageart, wenn es um die Feststellung eines Erb- bzw. Pflichtteilsrechts geht.[271] Mit der Feststellungsklage kann die verbindliche Feststellung getroffen werden, ob ein rechtswirksamer Erb- und Pflichtteilsverzicht oder eine wirksame Pflichtteilsentziehung vorliegt oder ein Fall der Erb- und Pflichtteilsunwürdigkeit gegeben ist. Hat der Berechtigte bereits die Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, fehlt ihm das für eine Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse.

 

Rz. 153

Vor dem Erbfall ist es dem zukünftigen Erblasser nach Ansicht des BGH[272] gestattet, durch Feststellungsklage zu klären, ob eine Pflichtteilsentziehung wirksam ist, während dieses Recht dem Pflichtteilsberechtigten selbst nicht ohne Weiteres zusteht und im Ergebnis aus prozessökonomischen Gründen auch nur im Einzelfall zu bejahen ist.[273] Nach der Rechtsprechung des BGH[274] ist eine negative Feststellungsklage zu Lebzeiten des Erblassers zulässig, wenn er Kenntnis über eine Pflichtteilsentziehung erlangt oder dies aus Äußerungen des Erblassers herzuleiten ist.[275] Verstirbt der Erblasser während einer gegen ihn geltend gemachten Feststellungsklage bzgl. des Nichtbestehens eines Pflichtteilsentziehungsrechts, entfällt das Feststellungsinteresse.

Schwieriger gestaltet sich die Rechtslage, wenn der Erblasser während eines von ihm selbst betriebenen Verfahrens auf Feststellung des Nichtbestehens eines Pflichtteilsrechts verstirbt. In diesem Fall ist das Vorliegen des Feststellungsinteresses, welches Sachurteilsvoraussetzung i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO ist, problematisch. Das Vorliegen eines Feststellungsinteresses ist in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu prüfen.[276] Der Erbe hat kein Feststellungsinteresse, wenn unklar ist, ob der Erblasser überhaupt eine entsprechende Verfügung von Todes wegen errichtet hat.[277] In diesem Fall würde nur die Möglichkeit verbleiben, den Rechtsstreit mit einem geänderten Antrag als einen erweiterten Streit über das Pflichtteilsrecht fortzuführen.[278]

 

Rz. 154

Nach Eintritt des Erbfalls kann der Erbe bzw. Miterbe negative Feststellungsklage mit dem Ziel der Feststellung des Nichtbestehens des Pflichtteilsrechts erheben.[279] Ebenso kann der Pflichtteilsberechtigte seine Pflichtteilsberechtigung feststellen lassen.[280]

 

Rz. 155

Die Feststellungsklage ist auf die Feststellung des Bestehens bzw. Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet, nicht aber auf die Feststellung der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Willenserklärung.[281] Im Rahmen einer Pflichtteilsentziehung ist der Antrag der Feststellungsklage daher nicht auf die Feststellung zu richten, dass die Pflichtteilsentziehung unwirksam ist, sondern auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Pflichtteilsentziehungsrechtes.[282]

[271] BGHZ 109, 306; BGH NJW 1974, 1084; RGZ 91, 1.
[272] BGH NJW 1986, 1182; NJW 1990, 911.
[273] BGHZ 109, 306, 309; a.A. Lange, NJW 1963, 157; MüKo/Leipold, § 1922 Rn 79.
[275] Vgl. zum Klageantrag Kummer, ZEV 2004, 274, 275.
[276] BGHZ 18, 98; RGZ 73, 82.
[277] BGH FamRZ 1990, 145.
[278] BGH NJW-RR 1990, 130 = FamRZ 1990, 145.
[279] BGH NJW-RR 1990, 391; BGHZ 109, 306, 309.
[280] BGH FamRZ 1990, 146; NJW-RR 1993, 391.
[281] BGHZ 37, 331.
[282] BGHZ 109, 306.

2. Auskunftsklage wegen Vorempfängen nach §§ 2050 ff., 2316 BGB

a) Materiell-rechtlicher Auskunftsanspruch nach § 2057 BGB

 

Rz. 156

Damit die Abkömmlinge des Erblassers die Möglichkeit haben, das ihnen zustehende Recht auf Ausgleichung auch geltend zu machen, steht ihnen ein besonderer Auskunftsanspruch nach § 2057 BGB zu. Danach ist jeder Miterbe verpflichtet, Auskunft über Zuwendungen zu erteilen, die nach den §§ 2050 ff. BGB ausgleichspflichtig sein könnten. Auskunftsberechtigt sind grundsätzlich nur Abkömmlinge, die gesetzliche Erben sind, oder die i.S.v. § 2052 BGB testamentarisch auf ihre gesetzliche Erbquote eingesetzt wurden.

Der Auskunftsanspruch steht aber auch demjenigen pflichtteilsberechtigten Abkömmling zu, der nicht Erbe geworden ist. Er benötigt für die Berechnung seines Pflichtteilsanspruchs nach § 2316 BGB ebenfalls Kenntnis über erfolgte ausgleichungspflichtige Vorempfänge. Darüber hinaus hat auch der Testamentsvollstrecker, der mit der Auseinandersetzung beauftragt ist, einen Anspruch auf Auskunftserteilung gem. § 2057 BGB.

Jeder Miterbe, der zu den ausgleichspflichtigen Personen gehört und jeder pflichtteilsberechtigte Abkömmling ist auskunftspflichtig hinsichtlich aller möglicherweise unter § 2050 BGB fallenden Zuwendungen.[283] Auskunft zu erteilen ist über den Wert des empfangenen Gegenstands, den Zeitpunkt der Zuwendung und mögliche Anordnungen des Erblassers, die im Zusammenhang mit der Zuwendung erfolgten.[284]

 

Hinweis

Über lebzeitige, auf den Pflichtteil anzurechnende Zuwendungen ist der Pflichtteilsberechtigte dem Erben in entsprechender Anwendung von § 2057 BGB auskunftspflichtig.[285]

[283] OLG Nürnberg NJW 1957, 1482.
[284] BayObLG OLGE 37, 253.
[285] OLG Koblenz MDR 2016, 208; a.A. OLG München ErbR 2014, 290.

b) Vorgehen im Wege der Stufenklage

 

Rz. 157

Richtet sich der Pflichtteilsanspruch eines Abkömmlings gegen eine...

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