I. Allgemeines
Rz. 220
Auf den ersten Blick stellt sich die Nachfolge von Todes wegen quasi als Gegenmodell zur Unternehmensnachfolge unter Lebenden dar. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass zum einen die Vorstellung, der Unternehmer könnte sich bereits lebzeitig seines kompletten Vermögens entäußern, unrealistisch ist und zum anderen, dass die Planung und Umsetzung einer Unternehmensnachfolge zu Lebzeiten kaum von heute auf morgen erledigt werden kann. Vor diesem Hintergrund kommt es in der Praxis oftmals zu Kombinationen von lebzeitiger Übertragung und Nachfolge von Todes wegen.
Rz. 221
Klassischerweise kommt zur Regelung der Nachfolge von Todes wegen neben dem Testament auch der Erbvertrag in Betracht. Inhaltlich können (und sollten) die dort festzuschreibenden Regelungen weit über die eigentliche Unternehmensnachfolge hinausgehen. Je nach Umfang des Privatvermögens sind in diesem Bereich vielfältige Gestaltungsbedürfnisse und -möglichkeiten denkbar. Nachfolgend soll es jedoch vorrangig um die Nachfolge von Todes wegen als Gestaltungsmittel der eigentlichen Unternehmensnachfolge gehen.
Rz. 222
Um sicherzugehen, dass die gewünschten testamentarischen Regelungen vollständig sind und im konkreten Fall auch tatsächlich die beabsichtigte Wirkung entfalten können, ist es unerlässlich, vor dem Entwurf des Testaments die Ausgangslage genau zu analysieren. Hierbei spielt nicht nur die persönliche Situation des Erblassers sowie sein Familien- und Güterstand eine Rolle, sondern auch der Bestand und die Struktur seines Vermögens im privaten und betrieblichen Bereich. Gerade Vermögenswerte im Ausland können zusätzlichen Gestaltungsaufwand erforderlich machen. Gleiches gilt für lebzeitige Vermögensübertragungen, die im Zuge der Erbfolgeregelungen – jedenfalls wertmäßig – zu berücksichtigen sind, sowie etwa bestehende Verträge zugunsten Dritter (insbesondere Lebensversicherungen). Sollte der Unternehmer bereits durch einen Erbvertrag oder ein gemeinschaftliches Ehegattentestament gebunden sein, ist vorab zu prüfen, ob davon abweichende Anordnungen überhaupt zulässig sind.
II. Vorsorge für den Fall des unerwarteten Todes
1. Sicherung des Fortbestandes des Unternehmens
Rz. 223
Gegen einen unerwarteten Tod, etwa durch Unfall, sind Unternehmer ebenso wenig gefeit wie davor, ihre geistige Stärke und, damit verbunden, ihre rechtliche Handlungsfähigkeit zu verlieren. Soll der Fortbestand des Unternehmens nicht an derartigen Unwägbarkeiten scheitern können, ist eine angemessene Vorsorge unabdingbar. Diese schließt neben umfassenden Vollmachten selbstverständlich auch ein sinnvolles Unternehmertestament mit ein.
Rz. 224
Die klassischen Ziele des Unternehmertestaments bestehen sowohl in der Sicherung der Unternehmensfortführung als auch in der wirtschaftlichen Absicherung der Familie, insbesondere der Kinder und des überlebenden Ehegatten. Gleichzeitig gilt es oftmals, Ausgleichs-, Abfindungs- und Pflichtteilsansprüche zu reduzieren sowie die steuerlichen Belastungen möglichst gering zu halten. Gerade dieser letzte Punkt, also die anlässlich der Unternehmensnachfolge auftretenden Steuerbelastungen, legen es nahe, den ins Auge gefassten Unternehmensnachfolger zum Alleinerben zu berufen. Allein auf diese Weise lässt sich vollständig sicherstellen, dass das (steuerliche) Unternehmen insgesamt einschließlich etwa vorhandenen Sonderbetriebsvermögens auf den Unternehmensnachfolger übergeht und auf diese Weise (fiktive) Zwangsentnahmen und schlimmstenfalls eine ertragsteuerliche Betriebsaufgabe vermieden werden. Gleichzeitig ergibt sich auf diese Weise eine gute Chance, auch die erbschaftsteuerrechtlichen Privilegien (§§ 13a ff. ErbStG) nicht bereits durch eine suboptimale Gestaltung zu verspielen. Die Verteilung des nicht zum Unternehmen gehörenden Vermögens sowie die wirtschaftliche Absicherung der nicht in die Unternehmerstellung nachrückenden Erben lassen sich bei diesem Modell ohne Weiteres durch die Anordnung von Vermächtnissen erreichen. Gibt man deren Erfüllung in die Hand eines zuverlässigen Testamentsvollstreckers, stellt auch die Abwicklung aller Regel kein größeres Problem dar.
2. Erbrecht und Gesellschaftsrecht
Rz. 225
So wichtig die sorgfältige Konstruktion und Formulierung des Unternehmertestamentes ist, so wenig kann sie ihre eigentlich beabsichtigte Wirkung entfalten, wenn es an der Abstimmung von Testament und Gesellschaftsvertrag hapert. Insoweit gilt der eherne Grundsatz "Gesellschaftsrecht geht dem Erbrecht vor!" D.h.: Bei Personengesellschaften bestimmt allein der Gesellschaftsvertrag darüber, ob der Anteil eines versterbenden Gesellschafters überhaupt vererblich ist. Bei Kapitalgesellschaften ist zwar die Vererblichkeit von vornherein gegeben und kann auch durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden. Dennoch bestehen aber vielfältige Möglichkeiten, wie den Erben bzw. Vermächtnisnehmern angefallene Gesellschaftsanteile wieder entzogen werden können; Zwangseinziehungs- bzw. Zwangsabtretungsklauseln sind gerade bei Kapitalgesellschaften weit verbreit...