Rz. 135
Oftmals verfügt der Schenker neben dem zu übergebenden Unternehmen nicht über ausreichendes Vermögen, alle Abkömmlinge ohne Versilberung des Besitzes wirtschaftlich gleich zu behandeln. Nichtsdestotrotz besteht oftmals der Wunsch, zum einen das Vermögen in seiner Substanz, also gegenständlich, zu erhalten und in dieser Form weiterzugeben und andererseits eine – wenigstens annähernde – wirtschaftliche Gleichbehandlung aller Kinder zu erreichen. Dies kann durch die Vereinbarung sog. Gleichstellungsgelder erreicht werden, wenn der Beschenkte bereit und wirtschaftlich in der Lage ist, seinen Geschwistern entsprechende Ausgleichszahlungen zu leisten.
Insoweit ist zunächst zu unterscheiden, ob die Gleichstellungsgelder aus dem verschenkten Vermögen bzw. dessen Erträgen bestritten (dann handelt es sich im Zweifel um eine Auflage) oder aus dem Eigenvermögen des Beschenkten gezahlt werden sollen.
Rz. 136
Ungeachtet dieser Frage ist jedoch im Regelfall davon auszugehen, dass es sich bei der Leistung des Beschenkten an seine Geschwister – rechtlich betrachtet – nicht um Zuwendungen des Beschenkten, sondern um Zuwendungen des Schenkers handelt. Der Beschenkte verpflichtet sich im Rahmen eines Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB), an seine Geschwister Gleichstellungsgelder zu zahlen. Er, der Beschenkte, hat hierbei die Rolle des Versprechenden während sein Vertragspartner, der Schenker, die Rolle des Versprechensempfängers einnimmt. Begünstigte aus diesem Vertrag sind die Geschwister des Beschenkten. Ihnen steht nach § 328 Abs. 2 BGB im Regelfall ein eigenes Forderungsrecht zu. Diese gesetzliche Regelung ist jedoch abdingbar, so dass sich dringend empfiehlt, im Schenkungsvertrag klarzustellen, ob den Empfängern von Gleichstellungsgeldern eigene Forderungsrechte zustehen sollen (echter Vertrag zugunsten Dritter).
Rz. 137
Soweit der Beschenkte zur Leistung der vereinbarten Gleichstellungsgelder auch eigenes Vermögen einsetzen muss, handelt es sich bei seinem Vertrag mit dem Schenker um eine sogenannte gemischte Schenkung. Deren zivilrechtliche Einordnung war in der Vergangenheit teilweise umstritten. Nach der so genannten Trennungstheorie waren der entgeltliche und der unentgeltliche Teil des Vertrages getrennt voneinander zu betrachten und juristisch zu würdigen. Nach der sogenannten Einheitstheorie enthielt zwar der Vertrag Elemente verschiedener gesetzlicher Vertragstypen, war aber dessen ungeachtet nicht aufzuspalten. In der Praxis kann man nach der heute herrschenden Zweckwürdigungstheorie davon ausgehen, dass der von den Beteiligten vorausgesetzte Vertragszweck als Maßstab für die Auslegung heranzuziehen ist und es für die rechtliche Würdigung auf den konkreten Zweck der jeweils in Betracht kommenden Regelung ankommt. Darüber hinaus empfiehlt es sich, die Rechtsfolgen etwaiger Leistungsstörungen, insbesondere die Konsequenzen einer Nichterfüllung der dem Beschenkten auferlegten Verpflichtungen, eindeutig zu regeln.
Rz. 138
Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung der Gleichstellungsverpflichtungen sind unterschiedliche Regelungen denkbar. Die einfachste Variante besteht darin, dass der Beschenkte einen festgelegten Geldbetrag an seine Geschwister (oder andere Gleichstellungsberechtigte) zu zahlen hat. Dies kann in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Durchführung der Schenkung erfolgen.
Oftmals wird aber auch so vorgegangen, dass die Zahlung der Gleichstellungsgelder erst nach dem Tod des Schenkers zu leisten ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Beschenkte weitere Gegenleistungen, z.B. in Form von Wart- und Pflegeverpflichtungen und/oder sonstigen Versorgungsleistungen übernommen hat und deren Wert nicht typisiert, sondern konkret nach den Verhältnissen des vorliegenden Einzelfalls ermittelt werden soll.
Rz. 139
Mitunter beschränken sich die Gleichstellungsverpflichtungen auch auf den Fall, dass der Beschenkte das übertragene Vermögen innerhalb bestimmter Fristen nach der Übergabe bzw. nach dem Tod des Übergebers versilbert. Denn genau in dieser Situation fällt die ursprünglich vorhandene Rechtfertigung für eine Besserstellung des Unternehmensnachfolgers gegenüber seinen Geschwistern (Erhalt des Vermögens in seiner ursprünglichen Gestalt) weg, so dass eine wirtschaftliche Gleichbehandlung sämtlicher Abkömmlinge nicht nur angemessen erscheint, sondern auch unproblematisch umsetzbar ist.
Rz. 140
Formulierungsbeispiel: Gleichstellungsgeld für den Veräußerungsfall
Veräußert der Empfänger das übertragungsgegenständliche Unternehmen oder wesentliche Teile davon innerhalb von 10 Jahren nach Ableben des Schenkers, spätestens jedoch innerhalb von 20 Jahren nach dem Tag der heutigen Beurkundung, hat er an seine Geschwister zu jeweils gleichen Teilen Nachabfindungen zu zahlen, und zwar in Höhe von jeweils (…) % des Verkaufserlöses nach Abzug sowohl der Veräußerungskosten als auch der mit der heutigen Urkunde übernommenen Verbindlichkeiten. In die Stellung der jeweiligen Geschwister des...