Rz. 152
Der Kommissionär schließt das Ausführungsgeschäft im eigenen Namen mit dem Dritten ab. Dies hat zur Folge, dass das Ausführungsgeschäft Rechte und Pflichten nur zwischen dem Kommissionär und dem Dritten begründet. Sämtliche Forderungen aus dem Ausführungsgeschäft, wie z.B. der Anspruch auf Kaufpreiszahlung oder Lieferung, stehen somit nicht dem Kommittenten, sondern dem Kommissionär als Vertragspartner zu. Der Kommittent kann die Forderung gegen den Dritten erst nach Abtretung durch den Kommissionär geltend machen (§ 392 Abs. 1 HGB). Zu dieser Abtretung ist der Kommissionär nach § 384 Abs. 2 Halbs. 2 HGB zwar verpflichtet, er kann aber, solange die Abtretung noch nicht erfolgt ist, über die Forderung als Berechtigter verfügen, z.B. durch Abtretung an einen Dritten.
Rz. 153
Eine Einschränkung dieser Rechtsmacht des Kommissionärs ergibt sich aus § 392 Abs. 2 HGB. Nach dieser Vorschrift gelten auch noch nicht abgetretene Forderungen im Verhältnis zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär oder dessen Gläubigern als Forderungen des Kommittenten. Wenn also etwa der Kommissionär die Forderung aus dem Ausführungsgeschäft an einen eigenen Gläubiger zur Deckung oder Sicherheit abtritt, stellt diese Abtretung nach § 392 Abs. 2 HGB die Verfügung eines Nichtberechtigten dar, mit der Folge, dass der Gläubiger des Kommissionärs die Forderung im Verhältnis zum Kommittenten nicht wirksam erwirbt. Dem Gläubiger würde im vorliegenden Fall auch seine Gutgläubigkeit nicht weiterhelfen, da weder das BGB noch das HGB einen gutgläubigen Forderungserwerb kennen.
Beispiel
Der K verkauft die Computeranlage des C in Kommission an Z. Die Kaufpreisforderung gegen den Z tritt K an seinen Gläubiger G zur Sicherung einer Darlehensverbindlichkeit ab. Die Abtretung an G ist dem C ggü. wegen § 392 Abs. 2 HGB relativ unwirksam.
Rz. 154
Sofern es sich bei der Abtretung um ein Neugeschäft des Kommissionärs handelt, die Abtretung also ohne Beziehung zur Gläubigereigenschaft des Zessionars erfolgt, wie z.B. beim Verkauf der Forderung an einen Dritten und damit verbundener Sicherungsabtretung, greift § 392 Abs. 2 HGB nicht ein.
Beispiel
Der K verkauft seine Kaufpreisforderung gegen den Z an den Dritten D. Gegen Zahlung von 3.000,00 EUR tritt K in Erfüllung des Kaufvertrages mit dem D die Kaufpreisforderung gegen den Z an D ab.
Diese Abtretung ist wirksam, selbst wenn der Zessionar gewusst hat, dass es sich um eine Kommissionsforderung handelte. Allerdings ist der Kommissionär in einem solchen Fall dem Kommittenten ggü. zum Schadensersatz verpflichtet (§§ 283, 280 Abs. 1 BGB), da er sich die Erfüllung des Abwicklungsgeschäfts (§ 384 Abs. 2 HGB), d.h. die Abtretung der Forderung an den Kommittenten, schuldhaft unmöglich gemacht hat.
Rz. 155
Nicht anwendbar ist § 392 Abs. 2 HGB, wenn der Dritte nicht nur Schuldner des Ausführungsgeschäfts, sondern auch Gläubiger des Kommissionärs ist. Der Dritte kann in diesem Fall gegen seine Schuld, z.B. die Kaufpreisforderung des Kommissionärs, mit seiner Forderung gegen den Kommissionär mit Wirkung gegen den Kommittenten aufrechnen. Diese Aufrechnungsbefugnis steht dem Dritten auch dann zu, wenn er wusste, dass sein Vertragspartner in Kommission handelte. Umstritten ist allerdings, ob der Dritte auch mit nicht aus dem Ausführungsgeschäft stammenden, also nicht konnexen Gegenforderungen gegen die Forderung des Kommissionärs aus dem Ausführungsgeschäft aufrechnen kann. Auch nach der Rspr., die diese Aufrechnungsmöglichkeit grds. befürwortet, ist die Aufrechnung des Dritten rechtsmissbräuchlich, wenn dieser die Aufrechnungslage herbeiführte, um sich für seine Forderung gegen den Kommissionär materiell zulasten des Kommittenten zu befriedigen, oder wenn er den Kommissionär vor Abschluss des Ausführungsgeschäfts in den Glauben versetzte, er werde zahlen und nicht aufrechnen (§ 242 BGB). Entsprechendes wie zu § 392 HGB hinsichtlich der Aufrechnung gilt für Zurückbehaltungsrechte des Dritten. Bei wirksamer Aufrechnung durch den Dritten hat der Kommittent gegen den Kommissionär Ansprüche auf Herausgabe nach § 285 BGB und aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 816 Abs. 2 BGB oder zumindest § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BGB (arg. e. § 392 Abs. 2 HGB). Hinzuweisen ist noch darauf, dass die Regelung des § 392 Abs. 1 HGB zwingend ist, wohingegen der Kommittent ggü. dem Kommissionär auf die Rechte aus § 392 Abs. 2 HGB verzichten kann.