Rz. 62
Nach § 355 Abs. 1 HGB erfolgt die Verrechnung "in regelmäßigen Zeitabschnitten". Das Gesetz geht damit vom Grundsatz eines Periodenkontokorrents aus. Möglich ist auch die Vereinbarung eines Staffelkontokorrents, bei dem die Verrechnung bereits dann erfolgt, sobald eine neue Forderung oder Leistung in das Kontokorrent eingestellt wird.
Rz. 63
Beim Girokonto handelt es sich nach heute ganz herrschender Meinung um ein Periodenkontokorrent, auch wenn der Bankkunde über jede Buchung einen Kontoauszug erhält. Die Kontoauszüge sind lediglich Mitteilungen über den Bestand der laufenden Rechnung. Nimmt der Bankkunde sie widerspruchslos hin, kann dies zwar Beweiswirkungen haben, es wird jedoch damit kein Saldoanerkenntnis erklärt. Nach Nr. 7 AGB-Banken erfolgt die Saldierung jeweils am Ende eines Kalenderquartals. Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Saldoanerkenntnis (ähnlich Nr. 7 AGB-Sparkassen).
Rz. 64
Umstritten ist, ob die Verrechnung automatisch erfolgt und welche Folgen sie hat.
Nach der Rspr. besteht aus einem Kontokorrent grds. nur der Anspruch aus dem Saldoanerkenntnis. Die Rspr. geht davon aus, dass es sich dabei um eine neue Verpflichtung handelt, die an die Stelle der in das Kontokorrent eingestellten einzelnen Forderungen und Leistungen tritt (sog. Novationstheorie). Die Verrechnung ist somit lediglich das Mittel zur Feststellung des Abrechnungsergebnisses, das in das Angebot zum Abschluss des Anerkenntnisvertrages aufgenommen wird und dessen Annahme durch das Saldoanerkenntnis vom Vertragspartner begehrt wird. Verrechnung und Saldoanerkenntnis sind demnach lediglich "Teile eines ein und desselben Rechtsaktes". Da die Verrechnung Teil des Angebots auf Abschluss des Anerkenntnisvertrages ist, kann sie nicht automatisch erfolgen. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass sich grds. nur ein Anspruch aus dem Saldoanerkenntnis ergibt, besteht dann, wenn das Kontokorrentverhältnis gekündigt oder sonst beendet wird. In diesem Fall begründet § 355 Abs. 3 HGB einen Anspruch auf Auszahlung des Überschusses.
Im Schrifttum wird demgegenüber die Ansicht vertreten, dass bei Ablauf der Verrechnungsperiode eine automatische Verrechnung stattfinde. Als deren Ergebnis entstehe eine kausale Saldoforderung, die sich aus den zugrunde liegenden Einzelforderungen zusammensetze. Das später zwischen den Parteien vereinbarte Saldoanerkenntnis ersetze die Saldoforderung nicht, sondern trete nach § 364 Abs. 2 BGB lediglich erfüllungshalber neben sie.