Rz. 166
Die Regelungen über das Frachtgeschäft (§§ 407–452d HGB) sind in drei Abschnitte unterteilt:
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die allgemeinen Vorschriften (§§ 407–450 HGB), die für alle Frachtgeschäfte, also für die Güterbeförderung auf der Straße, auf der Schiene, mit Binnenschiffen oder Luftfahrzeugen gelten, und die auch Anwendung auf die nachfolgend geregelten besonderen Frachtgeschäfte finden, |
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die §§ 451–451h HGB als Sondervorschriften für die Beförderung von Umzugsgut, die insb. deswegen notwendig sind, weil der Absender von Umzugsgut im größeren Umfang schutzwürdig ist als der Absender sonstigen Gutes, und |
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den dritten Unterabschnitt (§§ 452–452d HGB), der Sonderregelungen für die Beförderung mit verschiedenen Beförderungsmitteln aufgrund eines einheitlichen Frachtvertrages (sog. multimodaler oder kombinierter Transport) enthält. |
1. Frachtvertrag
Rz. 167
Gem. § 407 Abs. 1 HGB ist der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern. Als Gegenleistung dafür schuldet der Absender die Zahlung der vereinbarten Fracht (§ 407 Abs. 2 HGB). Die Güterbeförderung muss zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehören (§ 407 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB). Die §§ 407 ff. HGB gelten auch für kleingewerbliche Unternehmen. I.R.d. Frachtgeschäfts sind für diese – mit Ausnahme der §§ 348–350 HGB – auch die §§ 343–372 HGB anwendbar (§ 407 Abs. 3 Satz 2 HGB).
Beim Frachtvertrag mit dem Versender handelt es sich um einen formlos gültigen Werkvertrag, da der Frachtführer einen Erfolg, nämlich die Güterbeförderung an einen bestimmten Ort, verspricht. Zwischen dem Empfänger und dem Frachtführer besteht demgegenüber grds. kein selbstständiges Vertragsverhältnis. Das Gesetz spricht dem Empfänger jedoch eigene Ansprüche zu (vgl. § 421 Abs. 1 Satz 2 HGB). Außerdem ist der Frachtvertrag ein echter Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. § 328 BGB (arg. e. §§ 421 Abs. 1, 418 Abs. 2 HGB).
Rz. 168
I.R.d. Vertragsdurchführung bleibt der Frachtführer grds. bis zur Ablieferung beim Empfänger an die Weisungen des Auftraggebers gebunden (§ 418 HGB), auch wenn diese von früheren Weisungen abweichen. Das Weisungsrecht des Absenders erlischt mit Ankunft des Gutes an der Ablieferungsstelle (§ 418 Abs. 2 Satz 1 HGB). Von diesem Zeitpunkt an ist der Empfänger berechtigt, vom Frachtführer die Ablieferung gegen Erfüllung der Verpflichtung aus dem Frachtvertrag zu verlangen (§ 421 Abs. 1 Satz 1 HGB).
Rz. 169
Der Frachtführer hat an dem beförderten Gut zur Sicherung seiner konnexen Forderungen aus dem Frachtvertrag ein gesetzliches Pfandrecht (§ 441 HGB). Die §§ 441 ff. HGB regeln abweichend von den allgemeinen Pfandrechtsvorschriften der §§ 1204 ff. BGB die Dauer des Pfandrechts und die Rangordnung im Verhältnis zu anderen Pfandrechten.
Darüber hinaus hat der Frachtführer einen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, die nach Abschluss seiner Beförderung zu zahlen ist (§ 641 BGB). Schuldner der vereinbarten Vergütung ist grds. der Absender als Vertragspartner des Frachtführers. Sobald aber der Empfänger das Gut und den Frachtbrief angenommen hat, haftet er neben dem Absender als Gesamtschuldner aufgrund eines gesetzlichen Schuldverhältnisses (§ 421 Abs. 2–4 HGB).
2. Haftung des Frachtführers
Rz. 170
Die wichtigste Anspruchsgrundlage für die Haftung des Frachtführers ist § 425 HGB. Zu beachten ist, dass aus dem wirksamen Frachtvertrag gem. § 421 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 HGB auch der Empfänger anspruchsberechtigt ist. Daneben bleibt der Absender zur Geltendmachung befugt (§ 421 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 HGB).
Rz. 171
Anspruchsvoraussetzung ist der neben der Überschreitung der Lieferfrist Verlust oder die Beschädigung in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung. Nach § 438 HGB wird eine Ablieferung in vertragsgemäßem Zustand vermutet, wenn ein Verlust oder eine Beschädigung des Gutes nicht rechtzeitig angezeigt werden. Sofern der Verlust oder die Beschädigung äußerlich erkennbar sind, hat die Anzeige spätestens bei Ablieferung des Gutes zu erfolgen (§ 438 Abs. 1 Satz 1 HGB), i.Ü. innerhalb von 7 Tagen nach Ablieferung (§ 438 Abs. 2 HGB).
Rz. 172
Die Haftung nach § 425 HGB ist verschuldensunabhängig. Nach § 426 HGB ist der Frachtführer aber von der Haftung befreit, wenn der Verlust, die Beschädigung oder die Überschreitung der Lieferfrist auf Umständen beruht, die er auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Frachtführer nach § 428 HGB Handlungen oder Unterlassungen seiner Leute im gleichen Umfang zu vertreten hat wie eigenes Verhalten. Bei § 428 HGB handelt es sich nicht um eine selbstständige Haftungsgrundlage, sondern ...