Rz. 84
Im Folgenden sollen noch einige wichtige Sonderbestimmungen dargestellt werden, die allgemein für Handelsgeschäfte gelten.
1. Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 HGB)
Rz. 85
Gem. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB haftet der Kaufmann wie jeder andere Schuldner grds. für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit. Nach § 347 Abs. 1 HGB trifft ihn jedoch eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Denn er handelt nicht erst dann fahrlässig, wenn er die allgemein im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB), sondern bereits dann, wenn er die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns missachtet. Allerdings bleiben nach § 347 Abs. 2 HGB auch für den Kaufmann die Haftungserleichterungen des BGB, wie z.B. nach §§ 277, 300 Abs. 1, 521, 690 BGB bestehen.
2. Entgeltlichkeit kaufmännischen Handelns (§§ 352 ff. HGB)
Rz. 86
Nach § 354 Abs. 1 HGB hat ein Kaufmann, der in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, stets Anspruch auf Vergütung (wie z.B. Provision, Lagergeld o.Ä.), auch wenn dies nicht vereinbart worden ist. Zu den von § 354 Abs. 1 HGB erfassten Geschäftsbesorgungen oder Dienstleistungen zählt jede selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen sowie alle sonstigen, für den anderen Teil objektiv nützlichen Tätigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art.
Rz. 87
Die Entgeltlichkeit kaufmännischen Handelns wird zudem durch spezielle Zinsvorschriften verstärkt:
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Kraft Gesetzes sind bei Geldforderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tag der Fälligkeit an Zinsen zu zahlen (§ 353 Satz 1 HGB), wohingegen die §§ 286, 288 BGB eine solche Verzinsung der Geldforderung erst im Verzugsfall vorsehen. Bei Darlehen, Vorschüssen, Auslagen und anderen Verwendungen für Rechnung eines Dritten sind Zinsen vom Tag der Leistung an zu berechnen, wenn die Leistung aufseiten des Gläubigers ein Handelsgeschäft ist (§ 354 Abs. 2 HGB). |
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Das HGB erhöht den gesetzlichen Zinssatz – der nach dem BGB 4 % beträgt, vgl. § 246 BGB – auf 5 % bei beiderseitigen Handelsgeschäften (§ 352 Abs. 1 Satz 1 HGB) und in den Fällen, in denen das HGB eine besondere gesetzliche Zinspflicht ausspricht (§ 352 Abs. 2 HGB), auch wenn im letzteren Fall nur ein einseitiges Handelsgeschäft vorliegt (so z.B. § 354 Abs. 2 HGB). |
3. Leistungszeit (§§ 358 f. HGB)
Rz. 88
Der auch für Handelsgeschäfte geltende § 271 BGB – Fälligkeit im Zweifel sofort – wird durch die §§ 358, 359 HGB ergänzt. Nach § 358 HGB kann die Leistung nur während der gewöhnlichen Geschäftszeit bewirkt und gefordert werden. Häufig verwendete Begriffe zur Leistungszeit, wie "Frühjahr", "Herbst" oder "acht Tage", werden in § 359 HGB erläutert.
4. Qualität der Leistung (§ 360 HGB)
Rz. 89
Der Schuldner einer Gattungsschuld muss gem. § 243 Abs. 1 BGB eine Sache mittlerer Art und Güte leisten. Sofern das Geschäft zumindest für den Schuldner ein Handelsgeschäft ist, schuldet er ein Handelsgut mittlerer Art und Güte (§ 360 HGB). Dieses kann im Einzelfall ggü. § 243 Abs. 1 BGB ein Mehr, aber auch ein Weniger an Qualität bedeuten.