Dr. Maximilian Kübler-Wachendorff
Rz. 64
Voraussetzung dieser Empfangszuständigkeit ist nach zutreffender Ansicht jedoch, dass für die Erbsache im Übrigen die internationale Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates nach den Art. 4 ff. EuErbVO besteht. Für Nachlassverfahren in einem Drittstaat besteht daher keine Empfangszuständigkeit nach Art. 13 EuErbVO.
Rz. 65
Gegenständlich erfasst Art. 13 EuErbVO ausschließlich Annahme- und Ausschlagungserklärungen von Erbschaften, Vermächtnissen und Pflichtteilen, sowie Erklärungen zur Begrenzung der Haftung der betreffenden Person für die Nachlassverbindlichkeiten. Für andere als die ausdrücklich genannten Erklärungen begründet die Vorschrift keine Empfangszuständigkeit. Die Anfechtung der Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft nach deutschem Recht fällt dabei ebenfalls unter die Vorschrift.
Rz. 66
Besonderheiten bestehen indes bei der Erklärung zur Begrenzung der Haftung für Nachlassverbindlichkeiten. Aus Erwägungsgrundes 33 S. 3 EuErbVO ist ersichtlich, dass diese Zuständigkeit nur dann besteht, wenn nach dem Erbstatut allein die Abgabe der Erklärung gegenüber einem Gericht zur Haftungsbeschränkung führt. Art. 13 EuErbVO findet hingegen keine Anwendung, wenn für die Haftungsbeschränkung ein bestimmtes Verfahren durchgeführt werden muss, wie etwa ein Verfahren zur Inventarerrichtung. Art. 13 EuErbVO erfasst auch keine verfahrenseinleitenden Erklärungen, die für die Haftungsbeschränkung eine gerichtliche Entscheidung erfordern (im deutschen Recht etwa die Nachlassverwaltung, §§ 1980, 1981 BGB).
Rz. 67
Empfangszuständig für die Erklärungen sind die Gerichte des Mitgliedstaates, in denen der Erklärende seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts des Erklärenden im Rahmen von Art. 13 EuErbVO gelten die gleichen Grundsätze wie im Rahmen von Art. 4 EuErbVO.
Rz. 68
Die konkurrierende Empfangszuständigkeit nach Art. 13 EuErbVO setzt des Weiteren voraus, dass die Erklärungen sowohl nach dem Erbstatut als auch nach der lex fori des empfangenden Gerichts vor einem Gericht abgeben werden können. Die Zuständigkeit besteht daher sowohl für empfangsfähige als auch empfangspflichtige erbrechtliche Erklärungen. Über die Frage, ob eine Erklärung vor einem Gericht abgeben werden kann oder muss, entscheidet zunächst das Erbstatut. Nicht erforderlich ist, dass es sich um das Recht eines Mitgliedstaates handelt; auch das Recht eine Drittstaates kommt insoweit als maßgebliches Erbstatut in Betracht, wenn für das Erbverfahren eine Zuständigkeit in der EU nach Art. 4 ff. EuErbVO besteht.
Rz. 69
Kumulativ verlangt Art. 13 EuErbVO, dass auch nach der lex fori des Aufenthaltsstaates des Erklärenden die Erklärung vor dem Gericht abgegeben werden kann. Diese Einschränkung soll verhindern, dass ein mitgliedstaatliches Gericht, dessen Verfahrensordnung die Entgegennahme erbrechtlicher Erklärungen durch Gerichte nicht kennt, eine wesensfremde Tätigkeit vornehmen muss. Zwar besteht im Rahmen der EuErbVO grundsätzlich kein Raum dafür, dass ein mitgliedstaatliches Gericht eine vom Erbstatut vorgesehene Tätigkeit als eine dem eigenen Verfahrensrecht wesensfremde ablehnen kann. Nach dem klaren Wortlaut enthält Art. 13 EuErbVO hiervon jedoch eine Ausnahme und nimmt Rücksicht auf das Recht der lex fori. Dies ist indes nicht derart zu verstehen, dass das Verfahrensrecht der lex fori die Abgabe genau dieser Erklärung vorsehen muss. Ausreichend ist vielmehr, dass nach dem Verfahrensrecht der lex fori Gerichte generell zur Entgegennahme (erbrechtlicher) Erklärungen befugt sind. Sofern daher nur die Abgabe einer bestimmten erbrechtlichen Erklärung nach dem Verfahrensrecht der lex fori des Aufenthaltsmitgliedstaats des Erklärenden unbekannt ist, ist das Verfahrensrecht der lex fori entsprechend anzupassen.
Rz. 70
Wie sich aus Erwägungsgrund 32 S. 2 EuErbVO ergibt, kommt auch die Abgabe der erbrechtlichen Erklärungen vor einer Behörde oder einem Notar im Aufenthaltsmitgliedstaat des Erklärenden in Betracht, sofern die lex fori deren Zuständigkeit zur Entgegennahme solcher Erklärungen vorsieht. Besteht eine solche Empfangszuständigkeit nach dem nationalen Recht des Aufenthaltsmitgliedstaates, handelt es sich bei diesen Behörden oder Notaren insoweit funktional um "Gerichte" i.S.v. Art. 3 Abs. 2 EuErbVO.