Dr. iur. Stephanie Herzog
Rz. 35
Anders ist dies, wenn ein Nachlassgläubiger die Inventarisierung beantragt, § 1994 Abs. 1 S. 1 BGB und das Nachlassgericht die Inventarfrist durch Beschluss (§ 40 FamFG), der den Erben zuzustellen ist, § 1995 BGB, setzt. Dann wird die Inventarisierung zur Obliegenheit und der Erbe muss eine vom Gericht gesetzte Frist einhalten, § 1994 Abs. 1 S. 1 BGB. Ein Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers ist nicht Voraussetzung für den Antrag; er muss seine Forderung nur glaubhaft machen, § 1994 Abs. 2 S. 1 BGB. Auch der Gläubiger einer Nachlasserbenschuld hat ein Antragsrecht. Ebenso ein Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigter; letzterenfalls steht § 1994 BGB neben § 2314 BGB und kann einen schnelleren Erfolg bringen.
Hinweis
Ein Streit über die Erbenstellung hindert den Antrag nicht; auch die Vorlage eines Erbscheins ist nicht erforderlich. Das Nachlassgericht muss selbst über die Erbenstellung inzident entscheiden; Aussetzung kann nicht verlangt werden. Hält es den Antragsgegner für den Erben, so wird es dem Antrag stattgeben. Errichtet der Erbe kein Inventar in dem guten, aber fälschlichen Glauben, nicht Erbe zu sein, so ist das sein Risiko.
Rz. 36
Auch einem bereits unbeschränkt haftenden Erben kann nach h.M. eine Inventarfrist gesetzt werden. Dies ist freilich ein stumpfes Schwert, da die Sanktion bereits eingetreten ist. Besser wäre es für den Gläubiger wohl Auskunftsansprüche einzuklagen.
Rz. 37
Nach h.M. können auch nach §§ 1973 f. BGB ausgeschlossene Gläubiger den Antrag stellen, obwohl Erben ihnen gegenüber nach § 2013 Abs. 1 S. 2 BGB auch bei Verweigerung eines Inventars nicht unbeschränkt haften würden; denn sie haben ein Interesse daran, zu wissen, welche Gegenstände Nachlassgegenstände sind und welche zum Eigenvermögen des Erben gehören (§ 2010 BGB). Ob einem Miterben, der zugleich Nachlassgläubiger ist, ein Antragsrecht zusteht, ist wegen § 2063 Abs. 2 BGB strittig. Ist der Nachlassgläubiger selbst von Miterben beerbt worden, ging die frühere Rechtsprechung davon aus, dass alle gemeinschaftlich die Inventarfrist beantragen müssen. Aufgrund der Änderung der Rspr. zu § 2039 BGB ist mit den jüngeren Stimmen in der Literatur davon auszugehen, dass ein Miterbe allein den Antrag stellen kann.
Rz. 38
Der Antrag des Gläubigers ist als unzulässig zurückzuweisen,
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wenn er während oder nach Durchführung von Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz gestellt wird, § 2000 S. 2 und 3 BGB, |
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gegenüber dem Fiskus, § 2011 BGB, |
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wenn bereits ein formgerechtes Inventar erstellt wurde, arg. e contrario ex § 2005 Abs. 2 i.V.m. 1 BGB oder, wenn bereits eine Inventarfrist (auf Antrag eines anderen Gläubigers) läuft, |
Gegenüber dem Nachlasspfleger und Nachlassverwalter kann nach § 2012 BGB keine Inventarfrist nach § 1994 BGB gesetzt werden; der Erbe soll seine Haftungsbeschränkungsmöglichkeit allein durch eigenes Handeln verlieren.
Der Antrag kann sich auch nicht gegen den Testamentsvollstrecker richten.
Hinweis
Die Frist wird unabhängig von der Tatsache gesetzt, ob ein werthaltiger Nachlass vorhanden ist.
Rz. 39
Die Inventarfrist beträgt mindestens einen, maximal drei Monate, § 1995 Abs. 1 BGB; sie beginnt mit der jeweiligen Zustellung des Gerichtsbeschlusses an den Miterben, frühestens jedoch mit der Annahme der Erbschaft, § 1995 Abs. 2 BGB. Die Frist wird auf Antrag eines Gläubigers durch das Gericht gesetzt. Eine Fristsetzung des Gläubigers selbst genügt nicht.
Rz. 40
Die Frist wird gewahrt
Hinweis
Ist die Frist aus Sicht des Erben zu kurz bemessen oder hat er sie verpasst, so muss eine Fristverlängerung, § 1995 Abs. 3 BGB (die z.B. mit dem Hinweis auf noch unbekannte Nachlassverbindlichkeiten gerechtfertigt sein kann) oder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden, § 1996 BGB; § 1997 BGB erklärt die Hemmungsvorschriften für entsprechend anwendbar. Im Falle des Todes des Erben gilt § 1998 BGB. Die Kosten des Fristverlängerungsbeschlusses trägt der Erbe.
Rz. 41
Die Inventarfrist wird mit der Ausschlagung bzw. der Anfechtung der Annahme unwirksam. Die dem vorläufigen Erben gesetzte Frist hat keine Wirkung gegenüber dem endgültigen Erben.
Rz. 42
Gleiches gilt mit Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens oder mit der Anordnung der Nachlassverwaltung. Hierdurch wird die Inventarerrichtung unnötig, § 2000 S. 1 BGB. Dies gilt aber nicht, wenn die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird. Die in einem solchen Fall versäumte Frist führt zum Verlust der Haftungsbeschränkungsmöglichkeit.