Rz. 390
Gleichwohl und gegen die dringenden Empfehlungen bedeutender Schadensrechtler ist aber folgende Änderung des Gesetzestextes eingeführt worden:
Zitat
§ 249 BGB
(1) Wer zum Schadensersatze verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Rz. 391
Schon diese Änderung barg nicht unerheblichen Zündstoff. Zwar wurden die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Abrechnung des Kfz-Schadens nicht verändert. Zu den bisherigen Streitfragen und Problemfällen sind jedoch durch das Gesetz neue hinzukommen.
Rz. 392
Mit dieser Änderung ist der Umfang des Schadensersatzes neu gestaltet worden. Dabei sollte zwar der Grundsatz der Naturalrestitution auch weiterhin das bestimmende Prinzip bleiben. Der Geschädigte sollte – wahlweise – auch weiterhin die Herstellung des ursprünglichen Zustands durch den Schädiger (§ 249 Abs. 1 BGB) oder den hierfür erforderlichen Geldbetrag (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) verlangen können.
Rz. 393
Ein Schwerpunkt der Änderung lag jedoch in einer Modifizierung der Abrechnung von Sachschäden. Ausgangspunkt der Überlegungen des Gesetzgebers waren die drei wesentlichen Grundsätze, die das Schadensersatzrecht bestimmen:
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der Grundsatz der Totalreparation, der einen vollständigen Schadensausgleich für den Geschädigten vorsieht, |
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der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, nach dem von mehreren gleichwertigen Wegen zur Schadensbeseitigung der wirtschaftlich vernünftigste zu wählen ist, |
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und das Verbot einer Überkompensation, nach dem der Schadensersatz nicht über die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands hinausgehen oder zu einer Bereicherung des Geschädigten führen darf. |
Rz. 394
Der Gesetzgeber verfolgte – so der Wortlaut seiner Begründung – bei Erhaltung der Dispositionsfreiheit des Geschädigten das Anliegen, den Grundgedanken einer konkreten Schadensabrechnung wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken und die Gefahr einer Überkompensation dadurch zu verringern, dass der Umfang des Schadensersatzes stärker als bisher daran ausgerichtet wird, welche Dispositionen der Geschädigte tatsächlich zur Schadensbeseitigung trifft. Zu diesem Zweck sollte Umsatzsteuer nur noch dann und in dem Umfang als Schadensersatz erstattet werden, als sie zur Schadensbeseitigung tatsächlich angefallen ist. Der Ersatz "fiktiver" Umsatzsteuer wurde ausgeschlossen.
Rz. 395
Schon die namentliche Aufführung der Umsatzsteuer in der grundlegenden Schadensersatznorm des BGB, nämlich der des § 249 BGB, stellt aber einen erheblichen und rechtsdogmatisch nicht nachvollziehbaren Eingriff in die Gesetzessystematik des allgemeinen Schuldrechts dar.
Rz. 396
Der Bundesrat wies bereits darauf hin, dass der Begriff "angefallen" u.U. in Verbindung mit der Entwurfsbegründung (Seite 53 Mitte und 54) missverständlich sein kann. Er geht davon aus, dass der Schadensersatzanspruch die Umsatzsteuer nicht miteinschließt, wenn diese lediglich nach § 14 Abs. 3 UStG a.F. (aufgrund unberechtigten Umsatzsteuerausweises) geschuldet wird oder der Geschädigte lediglich einen umsatzsteuerpflichtigen Auftrag erteilt hat. Es darf aber nicht sein, dass die Umsatzsteuer bereits dann zum Schadensumfang zu rechnen ist, wenn lediglich ein umsatzsteuerpflichtiger Rechnungsauftrag erteilt ist (Manipulationsgefahr). Es soll – so der Bundesrat – klargestellt werden, dass entsprechend der Begründung Umsatzsteuer nicht schon dann erstattet wird, wenn sie lediglich geschuldet bzw. lediglich ein umsatzsteuerpflichtiger Auftrag erteilt worden ist.
Rz. 397
Nach der früheren Rechtslage (§ 249 BGB a.F.) konnte der Geschädigte, der einen Körper- oder Sachschaden erlitten hat, frei darüber entscheiden, ob er die Herstellung des ursprünglichen Zustands durch den Schädiger ausführen lässt oder ob er statt der Herstellung durch den Schädiger den dafür erforderlichen Geldbetrag verlangt. Der Gesetzgeber meint nun, dem Gesetzeswortlaut könne angeblich nicht eindeutig entnommen werden, ob unter dem "dafür erforderlichen Geldbetrag" der Betrag für eine wirklich durchgeführte oder auch der Betrag für eine nur gedachte Schadensbeseitigung zu verstehen ist. Seine Dispositionsfreiheit war uneingeschränkt gegeben. Er brauchte nicht in die Reparatur des geschädigten Gegenstandes zu investieren bzw. keine Ersatzbeschaffung betreiben, insbesondere nicht für Ersatz des gleichen Gegenstandes sorgen, sondern konnte frei disponieren, sich also von dem Geldbetrag auch einen anderen Gegenstand kaufen.
Rz. 398
Die höchstrichterliche Rechtsprechung (siehe oben Rdn 106 ff.) hat sich bei der Abrechnung des reinen Sachschadens – im Unterschied zu der Abrechnung von Per...