Rz. 419
Der Geschädigte, der den Unfallschaden erst später beheben lassen will, kann sich die Nachforderung der Mehrwertsteuer offen halten. Eine andere Frage ist es, ob er dies sogar auch tun muss (siehe Rdn 130 ff.). Es wird dann zunächst auf Nettobasis abgerechnet. Wird dann später von dem Geschädigten die bezahlte Rechnung mit Mehrwertsteuer vorgelegt, hat dieser einen Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer. Es können sich dann folgende Varianten ergeben:
aa) Rechnungsbetrag höher als geschätzter Kostenaufwand
Rz. 420
Hat sich die Kostenschätzung als zu niedrig erwiesen, ergibt sich der erforderliche Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB aus der Rechnung. Der Geschädigte kann jetzt im Wege der Nachberechnung den gesamten Rechnungsbetrag einschließlich der Mehrwertsteuer abzüglich des schon erhaltenen Nettobetrages verlangen.
Rz. 421
Beispiel
Reparaturkosten laut Gutachten, brutto |
5.950 EUR |
Reparaturkosten laut Rechnung, brutto |
6.500 EUR |
abzgl. bereits erstatteter Nettobetrag |
5.000 EUR |
Noch zu ersetzender Betrag |
1.500 EUR |
Die Schätzung der Schadenhöhe durch das Gutachten hat sich in diesem Fall als nicht zutreffend herausgestellt. Die Reparaturkosten sind daher in vollem Umfang zu ersetzen.
bb) Rechnungsbetrag niedriger als geschätzter Kostenaufwand
Rz. 422
Hat sich die Kostenschätzung als zu hoch erwiesen, ergibt sich ebenfalls der erforderliche Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB aus der Rechnung. Dies gilt zumindest dann, wenn es sich nicht um eine Rechnung für eine so genannte Teil- oder Billigreparatur (siehe dazu Rdn 429 f.), sondern um die Rechnung für eine in jeder Hinsicht fach- und sachgerechte Reparatur handelt. In diesem Fall ist der Schadensersatz auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten beschränkt (BGH v. 3.12.2013 – VI ZR 24/13 – VersR 2014, 214 = zfs 2014, 142). Jetzt kann der Geschädigte zwar ebenfalls im Wege der Nachberechnung den gesamten Rechnungsbetrag verlangen, muss aber hinnehmen, dass die ursprünglich nach dem Gutachten gezahlte Nettovergütung in vollem Umfang gegengerechnet wird. Dies ist dann die notwendige Konsequenz daraus, dass die Abrechnung auf Gutachtenbasis nur als vorläufige Abrechnung bzw. als Abrechnung unter Vorbehalt anzusehen ist.
Rz. 423
Beispiel
Reparaturkosten laut Gutachten, brutto |
5.950 EUR |
Reparaturkosten laut Rechnung, brutto |
5.500 EUR |
abzgl. bereits erstatteter Nettobetrag |
5.000 EUR |
Noch zu ersetzender Betrag |
500 EUR |
Bei nachträglicher Erstattung auf Reparaturkostenbasis werden demnach nur die tatsächlichen Reparaturkosten ausgeglichen. Keinesfalls erfolgt eine Erstattung der gesamten Mehrwertsteuer aus dem Gutachten. Der Schaden hat sich vorliegend auf die tatsächlich gezahlten 5.500 EUR konkretisiert.