Rz. 86

Arbeitnehmer, die in Elternzeit sind, genießen gem. § 18 Abs. 1 BEEG Sonderkündigungsschutz. Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis vom Zeitpunkt des Zugangs des Elternzeitverlangens nach § 16 Abs. 1 BEEG und während der Dauer der Elternzeit nicht kündigen. Der früheste Zeitpunkt, zu dem das Verlangen nach § 16 Abs. 1 BEEG Kündigungsschutz vermittelt, ist acht Wochen vor Beginn der Elternzeit bzw. frühestens 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes.

 

Rz. 87

Der Sonderkündigungsschutz steht auch Arbeitnehmern zu, die bei ihrem vorherigen Arbeitgeber Teilzeitarbeit leisten. Für diese Arbeitnehmer gilt gem. § 18 Abs. 2 Nr. 1 BEEG dieselbe Regelung, wie sie nach Abs. 1 für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer gilt. Dieser Sonderkündigungsschutz besteht allerdings nur dann, wenn es sich um eine nach dem BEEG zulässige Teilzeitarbeit handelt. Überschreitet die Beschäftigung den Umfang von 30 Wochenstunden, besteht kein Sonderkündigungsschutz. Unbeachtlich ist lediglich eine ausnahmsweise Überschreitung, die durch den Arbeitgeber veranlasst wird, z.B. durch Ableistung von Überstunden. Ordnet der Arbeitgeber solche Überstunden an, so kann dies nicht dazu führen, dass er hiermit den Sonderkündigungsschutz beseitigt.

 

Rz. 88

§ 18 Abs. 2 Nr. 2 BEEG erweitert den Kündigungsschutz auf alle Teilzeitbeschäftigten, die keine Elternzeit in Anspruch nehmen. Der Kündigungsschutz besteht hiernach unter den folgenden Bedingungen:

Der Arbeitnehmer befindet sich in Teilzeitbeschäftigung.
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Elterngeld nach § 1 BEEG während des Bezugszeitraumes nach § 4 Abs. 1 S 1 und 3 BEEG.
 

Rz. 89

Erste Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer sich in Teilzeit befindet. Nach der Rechtsprechung des BAG ist es unerheblich, ob das Teilzeitarbeitsverhältnis bereits bei Geburt des Kindes bestand oder erst später begründet wurde. Entscheidend ist alleine, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ein Anspruch auf Elternzeit bestand.[36]

 

Rz. 90

Des Weiteren muss der Arbeitnehmer Anspruch auf Elterngeld haben. Ein Anspruch auf das sog. "Elterngeld Plus" reicht nicht aus. Der tatsächliche Bezug von Elterngeld ist nicht erforderlich. § 18 Abs. 2 Nr. 2 BEEG stellt nur auf den Anspruch ab, nicht aber auf dessen Verwirklichung. Der Anspruch ist nach § 4 Abs. 1 BEEG begrenzt auf die ersten 14 Lebensmonate des Kindes, bei angenommenen Kindern indes auf die Zeit ab Aufnahme bei der berechtigten Person längstens bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes. Der Kündigungsschutz nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 BEEG gilt folglich ebenfalls nur in den ersten 14 Lebensmonaten des Kindes, bei angenommenen Kindern hingegen ungleich länger.

 

Rz. 91

Das Gesetz setzt keine Kenntnis des Arbeitgebers von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 BEEG voraus. Dies ist insbesondere deshalb sehr praxisrelevant, weil der Sonderkündigungsschutz auf alle elternzeit- und elterngeldberechtigten Teilzeitbeschäftigten ausgedehnt wird. Im Interesse des Arbeitgebers, vor allem aber der Rechtssicherheit, muss daher der Arbeitnehmer, der sich auf den Kündigungsschutz berufen möchte, dies geltend machen, indem er spätestens innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage vor dem Arbeitsgericht erhebt und sich dabei darauf beruft, dass ihm der besondere Kündigungsschutz des § 18 Abs. 2 Nr. 2 BEEG zusteht.[37]

 

Rz. 92

 

Hinweis

Der beratende Anwalt sollte sorgfältig feststellen, ob bei einem Arbeitnehmer die Vor­aussetzungen des § 18 Abs. 2 BEEG vorliegen. Dies kann bereits dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer Vater eines weniger als 14 Monate alten Kindes ist und die weiteren Voraussetzungen des Anspruchs auf Elternzeit vorliegen. In diesem Falle muss unbedingt geraten werden, fristgemäß Klage zu erheben und sich dabei auf den besonderen Kündigungsschutz des § 18 Abs. 2 Nr. 2 BEEG zu berufen.

 

Rz. 93

Kein Sonderkündigungsschutz besteht gegenüber dem Zweitarbeitgeber, bei dem nach § 15 Abs. 4 BEEG eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird, während bei dem Erstarbeitgeber Elternzeit in Anspruch genommen wird.[38]

 

Rz. 94

Der Kündigungsschutz nach § 18 Abs. 1 BEEG endet an dem Tag, an dem die Elternzeit entweder gesetzlich oder vorzeitig beendet wird. Der Kündigungsschutz nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BEEG endet unter den gleichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Nr. 2 BEEG mit Ablauf des Anspruchs auf Elterngeld sowie mit dem Ende des Bezugszeitraums nach § 4 Abs. 1 S. 1 oder 3 BEEG.

 

Rz. 95

Kündigungen, die entgegen dem Kündigungsschutz nach § 18 BEEG ohne Zulässigkeitserklärung der zuständigen Behörde (siehe Rdn 100 ff.) ausgesprochen werden, sind gem. § 134 BGB nichtig. In einem solchen Fall läuft auch die dreiwöchige Klagefrist des § 4 S. 2 KSchG nicht, § 4 S. 4 KSchG. Das Klagerecht kann lediglich verwirken.[39] Nichtig können auch Kündigungen sein, die unmittelbar im Anschluss an den Wegfall des Sonderkündigungsschutzes ausgesprochen werden, wenn sie gegen das Bena...

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