a) Grundsätzliches
Rz. 36
Sowohl der formell als auch der materiell Beteiligte genießen im FamFG-Verfahren den Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieser ergibt sich aus Art. 103 Abs. 1 GG, der unmittelbar geltendes Recht für alle Verfahrensarten darstellt.
b) Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör
Rz. 37
aa) Recht auf Kenntniserhalt
Rz. 38
Das Recht auf Kenntnisnahme erstreckt sich auf das gesamte Tatsachenmaterial, das das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legen will. Dazu gehören vor allem das Vorbringen anderer Beteiligter, das Ergebnis der Anhörung anderer Beteiligter, Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten, insbesondere ärztliche Atteste, und auch beigezogene Akten. Gewährt wird dieses Recht durch Akteneinsicht und die Übersendung von Abschriften.
Rz. 39
Das Akteneinsichtsrecht ist in § 13 FamFG geregelt:
Rz. 40
Gebühren fallen für die Akteneinsicht nicht an. Bei Abschriften und deren Beglaubigungen ist Nr. 25102 KV GNotKG zu beachten.
Rz. 41
Als Rechtsmittel gegen die Verweigerung der Akteneinsicht ist die befristete Beschwerde statthaft, §§ 58 ff. FamFG.
bb) Muster: Antrag auf Akteneinsicht
Rz. 42
Muster 7.6: Antrag auf Akteneinsicht
Muster 7.6: Antrag auf Akteneinsicht
An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
_________________________
Nachlasssache _________________________
Az. _________________________
Erbscheinsantrag des _________________________
Namens und im Auftrag meiner Mandantin _________________________ beantrage ich, mir Akteneinsicht in die Nachlassakten zu gewähren und sie mir für die Dauer von drei Tagen zu übersenden.
(Rechtsanwalt)
cc) Muster: Befristete Beschwerde gegen die Verweigerung der Akteneinsicht
Rz. 43
Muster 7.7: Befristete Beschwerde gegen die Verweigerung der Akteneinsicht
Muster 7.7: Befristete Beschwerde gegen die Verweigerung der Akteneinsicht
An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
_________________________
Nachlasssache _________________________
Az. _________________________
In der Nachlasssache _________________________, verstorben am _________________________, lege ich hiermit namens und im Auftrag meines Mandanten gegen die Verfügung des Amtsgerichts _________________________ vom _________________________, wonach meinem Mandanten keine Akteneinsicht gewährt wird,
Beschwerde
ein.
Begründung:
Als Sohn des Erblassers und möglicher gesetzlicher Erbe ist mein Mandant materiell am Erbscheinsverfahren beteiligt. Die Stellung eines Erbscheinsantrags ist für das Recht auf Akteneinsicht nicht Voraussetzung. Vielmehr steht auch materiell Beteiligten dieses Recht zu (vgl. Bumiller/Harders/Schwamb/Bumiller, § 13 FamFG Rn 5). Die Verfügung vom _________________________ ist daher zu Unrecht ergangen. Ich beantrage, sie aufzuheben und Akteneinsicht zu gewähren.
(Rechtsanwalt)
dd) Grundsatz der Beteiligtenöffentlichkeit
Rz. 44
Als weiteres Mittel zur Sicherung des Anspruchs auf rechtliches Gehör haben die Beteiligten im FamFG-Verfahren ein Recht auf Teilnahme an der Beweisaufnahme, sofern diese im Strengbeweisverfahren durchgeführt wird. Der Grundsatz der Beteiligtenöffentlichkeit umfasst neben dem Anwesenheits- auch ein Fragerecht bei der Beweisaufnahme. Ist ein Beteiligter an der Teilnahme bei der Beweisaufnahme verhindert, so kann er die Übersendung einer Protokollabschrift verlangen und um eine angemessene Frist zur Stellungnahme ersuchen.
Rz. 45
Das Gericht ist in derartigen Fällen gehalten, dem Beteiligten eine angemessene Frist zur Stellungnahme zu gewähren.
Für den Fall einer Rechtsmittelbegründungsschrift wurde dies ausdrücklich ausgesprochen:
OLG Oldenburg NJW-RR 1991, 23:
Zitat
"… Aus Art. 103 Abs. 1 GG ist im Falle einer angekündigten Rechtsmittelbegründung nur herzuleiten, dass das Rechtsmittelgericht bis zur Entscheidung einen angemessenen Zeitraum abzuwarten hat. Der Rechtsmittelführer hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine gerichtlich gesetzte Äußerungsfrist …"
Das Recht kann der Beteiligte selbst ausüben, soweit er verfahrensfähig ist. Ansonsten ist der gesetzliche Vertreter, eventuell ein Ergänzungspfleger, § 1809 BGB (§ 1909 Abs. 1 BGB a.F.), oder der bevollmächtigte Anwalt befugt.
ee) Muster: Ersuchen um Übersendung einer Protokollabschrift
Rz. 46
Muster 7.8: Ersuchen um Übersendung einer Protokollabschrift
Muster 7.8: Ersuchen um Übersendung einer Protokollabschrift
An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
_________________________
Nachlasssache _________________________
Az. _________________________
Erbscheinsantrag des _________________________
Nachdem es weder meiner Mandantin noch mir möglich war, bei dem Termin der Vernehmung des sachverständigen Zeugen _________________________ teilzunehmen, ersuche ich um Übersendung einer Abschrift des Sitzungsprotokolls und beantrage zugleich, mir eine Frist zur Stellungnahme bis _________________________ einzuräumen, § 30 Abs. 4 FamFG.
(Rechtsanwalt)
ff) Berücksichtigungspflicht
Rz. 47
Mi...