aa) Allgemeines
Rz. 307
Um eine Popularbeschwerde zu verhindern, ist die Beschwerdeberechtigung eine weitere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerde, § 59 FamFG. Dabei ist zunächst zwischen der materiellen Beschwer nach § 59 Abs. 1 FamFG und der formellen Beschwer nach § 59 Abs. 2 FamFG zu unterscheiden.
Die materielle Beschwer, d.h. die Beeinträchtigung in einem eigenen Recht, muss immer sowohl in Amts- als auch in Antragsverfahren vorliegen.
Hingegen ist eine formelle Beschwer nur bei Antragsverfahren notwendig. In diesem Fall müssen kumulativ die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 des § 59 FamFG gegeben sein.
Zu beachten ist, dass § 59 FamFG auch in Fällen mit Auslandsberührung gilt.
bb) Materielle Beschwer, § 59 Abs. 1 FamFG
Rz. 308
Eine Rechtsbeeinträchtigung i.S.d. § 59 Abs. 1 FamFG liegt vor, wenn ein privatrechtliches oder öffentlich-rechtliches subjektives Recht des Beschwerdeführers durch die angefochtene Entscheidung berührt wird. Als verletzte Rechtsposition kommt dabei in Nachlasssachen vor allem das Erbrecht in Betracht. Dagegen führt die bloße Verletzung von Verfahrensrechten nach h.M. grundsätzlich nicht zur Beschwerdeberechtigung. Ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung bejaht eine Rechtsbeeinträchtigung i.S.d. § 59 Abs. 1 FamFG bei Verletzung zwingender Verfahrensvorschriften oder des "allgemeinen Rechts eines Beteiligten auf gesetz- und sachgemäße Behandlung seiner Angelegenheiten". Beeinträchtigt ist ein Recht, wenn die angefochtene Entscheidung unmittelbar nachteilig in ein Recht des Beschwerdeführers eingreift. Die Rechtsbeeinträchtigung muss zumindest möglich sein. Ob sie tatsächlich vorliegt, prüft das Gericht dann erst im Rahmen der Begründetheit der Beschwerde. Dies spielt vor allem bei den sog. doppelrelevanten Tatsachen eine Rolle. Die Behauptung, Erbe zu sein, ist sowohl für die Frage der Beschwerdeberechtigung als auch für die Begründetheit der Beschwerde von Bedeutung. Für die Zulässigkeit der Beschwerde ist es erforderlich, dass die Rechtsbeeinträchtigung schlüssig behauptet wird oder jedenfalls ernsthaft möglich ist.
Rz. 309
Wer geltend macht, Nacherbe zu sein, ist gegen die Ablehnung der Einziehung eines ohne Nacherbenvermerk erteilten Erbscheins ebenfalls beschwerdeberechtigt. Gegen die Anordnung der Einziehung eines solchen Erbscheins ist derjenige beschwerdeberechtigt, auf dessen Antrag der einzuziehende Erbschein erteilt worden war, nach seinem Tod sein Erbe. Dagegen sind Vermächtnisnehmer im Erbscheinsverfahren, von den Fällen der §§ 792, 896 ZPO abgesehen, auch dann nicht beschwerdeberechtigt, wenn sie zwar zu den gesetzlichen Erben gehören würden, aber nach ihrem eigenen Vorbringen durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossen sind.
cc) Muster für eine behauptete Rechtsbeeinträchtigung
Rz. 310
Muster 7.66: Muster für eine behauptete Rechtsbeeinträchtigung
Muster 7.66: Muster für eine behauptete Rechtsbeeinträchtigung
Der Erbschein hätte _________________________ nicht erteilt werden dürfen, da mein Mandant aufgrund gesetzlicher Erbfolge Alleinerbe des Erblassers geworden ist. Das Testament vom _________________________ ist unwirksam, weil _________________________.
dd) Formelle Beschwer, § 59 Abs. 2 FamFG
Rz. 311
In Antragsverfahren, z.B. bei der Erteilung eines Erbscheins, ist neben der materiellen Rechtsbeeinträchtigung auch noch eine formelle Beschwer gem. § 59 Abs. 2 FamFG erforderlich. Beschwerdeberechtigt ist demnach nur derjenige, dessen Antrag zurückgewiesen worden ist. Diese Einschränkung des Beschwerderechts erfährt nach der herrschende Rechtsprechung eine Ausnahme, wenn der Beschwerdeführer zwar keinen Antrag gestellt hatte, er aber die Möglichkeit gehabt hätte, einen gleich lautenden Antrag zu stellen, wie z.B. ein Miterbe oder der Erbe bei einem Antrag des Testamentsvollstreckers.
ee) Übersicht: Beschwerdeberechtigte in den einzelnen Nachlasssachen
(1) Erbscheinsverfahren; Muster
Rz. 312
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Der (wirkliche) Erbe kann sich sowohl gegen die Erteilungsanordnung bzgl. eines anderen Erben als auch gegen die Ablehnung seines eigenen Erbscheinsantrags beschweren; |
▪ |
auch der Vorerbe ist insoweit beschwerdeberechtigt; |
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der Nacherbe kann sich gegen die Erteilungsanordnung insoweit beschweren, als sein Nacherbenrecht darin nicht enthalten ist. |
Rz. 313
Hinweis
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Nachlassgläubiger sind beschwerdebefugt, wenn ein Vollstreckungstitel vorliegt; |
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Entsprechendes gilt für Vermächtnisnehmer und Pflichtteilsberechtigte. |
Rz. 314
Muster 7.67: Beschwerde eines Nacherben
Muster 7.67: Beschwerde eines Nacherben
Muster: Beschwerde eines Nacherben
An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
_________________________
Nachlasssache _________________________
Az. _________________________
In der Nachl...