1. Antrag
a) Zuständiges Gericht
Rz. 206
Sachlich zuständig ist das Amtsgericht als Nachlassgericht, § 2353 BGB, § 23c Abs. 2 Nr. 2 GVG. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, § 343 Abs. 1 FamFG. Für die örtliche Zuständigkeit nach § 343 Abs. 2 FamFG ist es unerheblich, wie lange der letzte gewöhnliche Aufenthalt im Inland zurückliegt. Die örtliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts unterliegt in vollem Umfang der Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht.
Rz. 207
Die funktionelle Zuständigkeit beurteilt sich danach, ob eine letztwillige Verfügung vorliegt. Der Rechtspfleger ist zur Entscheidung bei gesetzlicher Erbfolge berufen, während dem Richter die Prüfung bei letztwilligen Verfügungen obliegt, §§ 3 Nr. 2 Buchst. c, 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG. Landesrechtlich kann eine Aufhebung des Richtervorbehalts erfolgen. Davon haben Rheinland-Pfalz und Bayern Gebrauch gemacht. Darüber hinaus ist der Richter noch für die Erteilung von Erbscheinen zuständig, wenn die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt.
b) Form
Rz. 208
Der Antrag ist an keine bestimmte Form gebunden. Er kann insbesondere auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Nachlassgerichts erklärt werden, §§ 23, 25 FamFG.
c) Inhalt
Rz. 209
Der Antrag muss das behauptete Erbrecht genau bezeichnen, und zwar nach
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dem Namen und Todestag des Erblassers, |
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der Person des (der) Erben, |
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den Erbteilen, |
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den Beschränkungen (Vor-/Nacherbschaft, Testamentsvollstreckung) und |
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dem Berufungsgrund. |
Eine nur beaufsichtigende Testamentsvollstreckung ist nicht im Erbschein zu vermerken.
Rz. 210
Hinweis
Der Antrag ist sorgfältig zu formulieren, da das Gericht an den Antrag gebunden ist. Es kann dem Antrag nur voll entsprechen oder ihn zurückweisen.
Rz. 211
Ein Erbschein kann inhaltlich nur das wiedergeben, was beantragt wurde. Das Nachlassgericht ist nicht befugt, einen Erbschein abweichend vom Antrag oder ohne Antrag zu erteilen. Allerdings besteht die Möglichkeit, einen ohne Antrag erteilten Erbschein nachträglich zu genehmigen.
d) Antragsberechtigung
Rz. 212
Antragsbefugt ist der Erbe (auch der Miterbe, § 352a Abs. 1 S. 2 FamFG, der Anteilserwerber oder der Erbeserbe). Dabei genügt die formelle (schlüssige) Behauptung, ein Erbrecht zu besitzen. Daneben sind noch der Testamentsvollstrecker, der Nachlassverwalter und der Nachlassinsolvenzverwalter antragsbefugt. Dagegen besitzen Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte und Nachlasspfleger kein Antragsrecht. Der Nacherbe ist vor Eintritt des Nacherbfalls nicht antragsbefugt.
Hingegen können Nachlassgläubiger, die bereits einen Titel gegen den Erblasser erwirkt haben, zum Zwecke der Zwangsvollstreckung einen Erbschein beantragen, § 792 ZPO. Zum Nachweis der Berechtigung genügt die Vorlage einer Ablichtung des Vollstreckungstitels; die Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung ist nicht erforderlich.
Bei den Kosten, die für die Erteilung des Erbscheins anfallen, handelt es sich um Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.d. § 788 ZPO.
Rz. 213
Für den Fall, dass dem Erben bereits ein Erbschein erteilt wurde, muss der Gläubiger keinen weiteren Erbschein beantragen; er kann vielmehr eine Ausfertigung verlangen, § 357 Abs. 2 FamFG. Die Kosten richten sich dann nach Nr. 31000 KV GNotKG.
e) Muster: Erbscheinsantrag eines Nachlassgläubigers
Rz. 214
Muster 7.42: Erbscheinsantrag eines Nachlassgläubigers
Muster 7.42: Erbscheinsantrag eines Nachlassgläubigers
An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
_________________________
Erbscheinsantrag zum Zwecke der Zwangsvollstreckung
Unter Vorlage der beiliegenden Vollmacht zeige ich die Vertretung des _________________________ an. In seinem Namen beantrage ich die Erteilung eines Erbscheins mit folgendem Inhalt:
Hiermit wird bezeugt, dass der am _________________________ in _________________________ verstorbene _________________________, geboren am _________________________ in _________________________, zuletzt wohnhaft _________________________, von seinem Sohn _________________________, wohnhaft _________________________,
allein
aufgrund letztwilliger Verfügung beerbt worden ist.
Mein Mandant erwirkte wegen einer Werklohnforderung gegen den Erblasser vor dem Landgericht _________________________ unter dem Az. _________________________ am _________________________ ein Versäumnisurteil, das seit _________________________ rechtskräftig ist.
Anlage 1: Ablichtung des Versäumnisurteils des Landgerichts _________________________ vom _________________________
Der Erblasser ist laut Sterbeurkunde am _________________________ in _________________________ verstorben.
Anlage 2: Sterbeurkunde
Er hatte am _________________________ ein eigenhändiges Testament errichtet, ...