1. Typischer Sachverhalt
Rz. 116
Erblasser E hat ein notarielles Testament errichtet. Er will es widerrufen.
2. Rechtliche Grundlagen
a) Regelung des § 2300 BGB
Rz. 117
Sinn des § 2300 BGB ist es, eine Eröffnung aufgehobener Erbverträge zu vermeiden. Auch musste ein Notar früher die aus der amtlichen Verwahrung zurückgegebenen Erbverträge weiter verwahren. Dies ist bei Erbverträgen, die nur Verfügungen von Todes wegen enthalten, nicht notwendig.
Rz. 118
Hinweis
Gegebenenfalls kann bei der Errichtung ein Hinweis auf die Möglichkeit einer getrennten Beurkundung in Betracht kommen. Dabei dürfen aber auch die Kostenfolgen nicht außer Betracht bleiben, siehe § 102 GNotKG.
b) Voraussetzungen des § 2300 Abs. 2 BGB
aa) Rückgabemodalitäten
Rz. 119
Die Rückgabe kann nur an alle Vertragsschließenden gemeinsam erfolgen. Voraussetzung ist dabei auch eine körperliche Aushändigung, d.h., sämtliche Beteiligte müssen sich beim Notar einfinden.
bb) Geschäfts- und Testierfähigkeit
Rz. 120
Der Erblasser darf bei der Rückgabe allenfalls in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, aber nicht geschäftsunfähig sein; als beschränkt Geschäftsfähiger braucht er keine Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, § 2290 Abs. 2 S. 2 BGB. Er muss testierfähig sein, damit die Wirkungen des § 2256 BGB eintreten können.
c) Notarielles Rücknahmeverfahren
aa) Belehrung
Rz. 121
Entsprechend § 2256 Abs. 1 S. 2 BGB soll die zurückgebende Stelle, also auch der Notar im Falle der notariellen Verwahrung, über die Folgen der Rücknahme ("Widerrufsfiktion") belehren. Das Unterlassen der Belehrung wirkt sich zwar nicht auf die Frage der Wirksamkeit des Widderrufs aus, jedoch kann es haftungsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Zuständig für die Rückgabe ist der Notar persönlich, § 25 BNotO. Eine Delegation ist schon im Hinblick auf die notwendige Überprüfung der Testierfähigkeit nicht möglich.
bb) Vermerk auf der Originalurkunde
Rz. 122
Auf der Originalurkunde sind sowohl die Tatsache der Rückgabe als auch die eingetretene Widerrufsfiktion zu vermerken.
cc) Muster: Rücknahmevermerk
Rz. 123
Muster 7.18: Rücknahmevermerk
Muster 7.18: Rücknahmevermerk
_________________________
Dieser Erbvertrag gilt durch die am _________________________ erfolgte Rückgabe aus der notariellen Verwahrung als widerrufen, §§ 2300 Abs. 2, 2256 BGB.
_________________________, den _________________________ (Name, Amtsbezeichnung)
dd) "Aktenkundigmachen"
Rz. 124
Schließlich ist die Rückgabe und die dabei erfolgte Belehrung durch einen Aktenvermerk aktenkundig zu machen und in das Erbvertragsverzeichnis einzutragen.
ee) Muster: "Aktenkundigmachung"
Rz. 125
Muster 7.19: Aktenkundigmachung
Muster 7.19: "Aktenkundigmachung"
_________________________
Der/Die Erblasser ist/sind darüber belehrt worden, dass der Erbvertrag durch die Rückgabe als widerrufen gilt. Ein entsprechender Vermerk ist auf dem Erbvertrag gemacht worden.
_________________________
ff) Kosten
Rz. 126
Die Rücknahme des Erbvertrages aus der notariellen Verwahrung löst ebenso wie die Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung beim Amtsgericht keine Kosten aus, da es an einem entsprechenden Gebührentatbestand im Kostenverzeichnis des GNotKG fehlt.