1. Beginn des Verfahrens
a) Amtsverfahren
Rz. 48
Ein Großteil der FamFG-Verfahren wird von Amts wegen eingeleitet. Ein eventueller Antrag ist dabei lediglich als Anregung zu werten.
Beispiel: die Erbscheinseinziehung, § 2361 BGB, § 353 FamFG.
b) Muster: "Antrag" (Anregung) auf Einziehung eines Erbscheins
Rz. 49
Muster 7.9: Antrag (Anregung) auf Einziehung eines Erbscheins
Muster 7.9: "Antrag" (Anregung) auf Einziehung eines Erbscheins
An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
_________________________
Nachlasssache _________________________
Az. _________________________
In der Nachlasssache _________________________, verstorben am _________________________, Az. _________________________, beantrage ich namens und im Auftrag meiner Mandantin _________________________, den vom Amtsgericht _________________________ am _________________________ erteilten Erbschein einzuziehen.
Begründung:
Der in dieser Sache erteilte Erbschein, der die Ehefrau des Erblassers als Alleinerbin ausweist, ist unrichtig. Meine Mandantin, die Tochter des Erblassers, ist kraft gesetzlicher Erbfolge Miterbin zur Hälfte geworden. Das Testament vom _________________________, worin der Erblasser zugunsten seiner Ehefrau verfügt hat, ist unwirksam. Der Erblasser war zum Zeitpunkt der Errichtung dieser letztwilligen Verfügung aufgrund einer fortgeschrittenen krankhaften Störung der Geistestätigkeit testierunfähig.
Beweis: |
1. |
Dr. med. _________________________ als sachverständiger Zeuge |
|
2. |
Sachverständigengutachten |
Der Erblasser befand sich zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung im Krankenhaus in stationärer Behandlung. _________________________ (Es folgen Ausführungen zum Krankheitsbild.)
Nach alledem war der Erblasser testierunfähig, § 2229 Abs. 4 BGB. Der auf die letztwillige Verfügung gestützte Erbschein ist unrichtig und daher einzuziehen.
(Rechtsanwalt)
c) Antragsverfahren
Rz. 50
Bei bestimmten Angelegenheiten ist allerdings ein Antrag Verfahrensvoraussetzung. Der Antrag ist an keine bestimmte Form gebunden. Er kann insbesondere auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Nachlassgerichts erklärt werden, § 23 FamFG.
Beispiel: die Erbscheinserteilung, § 2353 BGB, §§ 352 ff. FamFG
d) Muster: Erbscheinsantrag
Rz. 51
Muster 7.10: Erbscheinsantrag
Muster 7.10: Erbscheinsantrag
An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
_________________________
Erbscheinsantrag
Namens und im Auftrag meiner Mandantin, der Ehefrau des Erblassers, beantrage ich, folgenden
Erbschein
zu erteilen:
Es wird bezeugt, dass der am _________________________ in _________________________ verstorbene _________________________, geb. _________________________ in _________________________, zuletzt wohnhaft und aufenthältlich _________________________, aufgrund privatschriftlichen Testaments vom _________________________ allein von seiner Ehefrau _________________________ beerbt worden ist.
Ausweislich beiliegender Sterbeurkunde (Anlage 1) verstarb der Erblasser am _________________________ in _________________________. Der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger. Er hatte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in _________________________. Aufgrund privatschriftlichen Testaments vom _________________________ (Anlage 2) wurde meine Mandantin zur Alleinerbin eingesetzt. Mit Vorlage dieses Testaments wird hiermit auch der Ablieferungspflicht nach § 2259 BGB entsprochen. Andere Verfügungen von Todes wegen sind nicht bekannt. Ein Rechtsstreit über das Erbrecht ist nicht anhängig. Die Antragstellerin hat die Erbschaft angenommen.
(Rechtsanwalt)
2. Amtsermittlungsgrundsatz
a) Allgemeines
Rz. 52
Das Gericht hat in jedem Fall (sowohl bei Amts- als auch bei Antragsverfahren) den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und seiner Entscheidung zugrunde zu legen, § 26 FamFG. Insoweit unterscheidet sich das FamFG-Verfahren wesentlich vom Zivilprozess. Zu beachten ist aber, dass besondere Vorschriften das Amtsermittlungsprinzip einschränken können. So sind z.B. im Erbscheinsverfahren die §§ 352 ff. FamFG der Amtsermittlungspflicht vorgeschaltet, ohne diese zu verdrängen. Kommt ein Beteiligter seinen Pflichten nach §§ 352 ff. FamFG nicht nach, so beginnt die Amtsermittlungspflicht nicht zu laufen. Macht der Antragsteller die nach § 352 FamFG erforderlichen Angaben und legt er die entsprechenden Urkunden vor, trifft ihn keine darüber hinausgehende Ermittlungspflicht. Er hat aber an den weiteren Ermittlungen des Nachlassgerichts durch vollständige und wahrheitsgemäße Angaben mitzuwirken. Verweigert z.B. der Antragsteller im Erbscheinsverfahren ohne triftigen Grund die Abgabe der nach § 352 Abs. 3 FamFG erforderlichen eidesstattlichen Versicherung, so ist das Nachlassgericht berechtigt, den Erbscheinsantrag ohne weitere Ermittlungen als unzulässig zurückzuweisen.
b) Reichweite der Amtsaufklärungspflicht
Rz. 53
Das Gericht bestimmt nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der Tatbestandsmerkmale den Umfang der Ermittlungen. Das Ermessen ist dabei aber nicht schrankenlos. So muss z.B. der Tatrichter Einwendungen gegen ein Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen, die sich auf ein Privatgu...