a) Gemischte Schenkungen, subjektive Äquivalenz
Rz. 109
Bei gemischten Schenkungen und solchen unter Auflagen ist nur der reine Schenkungsteil für den Pflichtteilsergänzungsanspruch anzusetzen. Dabei steht es zunächst den Vertragsteilen aufgrund der Vertragsfreiheit und des daraus resultierenden Prinzips der subjektiven Äquivalenz frei, Leistung und Gegenleistung zu bewerten (siehe Rdn 30 ff.). Für eine Schätzung des Wertes von Gegenleistungen, insbesondere Pflegeleistungen, gemäß § 287 Abs. 2 ZPO ist kein Raum, wenn die Vertragsparteien selbst den monatlichen Wert der beschriebenen Pflegeleistungen vertraglich festgelegt haben. Eine solche Vereinbarung hindert jedoch nicht, dass ein anderer Wert bewiesen werden kann. Die für Kostenbewertungszwecke gemachten Angaben der Beteiligten binden allerdings das Gericht nicht. Jedoch besteht die Gefahr, dass die Gerichte diese wenigstens als Orientierungsgröße ansehen.
Rz. 110
Praxishinweis
Wer aus Gründen der Gebührenersparnis den Wert der Gegenleistungen und Auflagen zu niedrig angibt, spart im Pflichtteilsprozess am falschen Platz.
b) Zuwendung von verbrauchbaren und nicht verbrauchbaren Sachen
Rz. 111
Liegt eine Schenkung von Sachgesamtheiten, etwa eines Betriebes, vor, die aus verbrauchbaren und nicht verbrauchbaren Gegenständen bestehen, so gelten jeweils unterschiedliche Bewertungszeitpunkte. Allerdings ist dabei die Fiktion des § 92 Abs. 2 BGB zu beachten.
c) Zuwendungen unter Vorbehalt eines Nutzungsrechts
Rz. 112
Behält sich der Schenker einen Nießbrauch oder ein Wohnungsrecht am Schenkungsobjekt vor, so ist umstritten, ob dies den Schenkungswert mindert. Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein vorbehaltenes dingliches Nutzungsrecht mit seinem kapitalisierten Wert nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen vom Schenkungswert absetzbar. Hierzu erfolgt eine mehrstufige Bewertung. Als Ausfluss des Niederstwertprinzips nimmt der BGH folgende mehrstufige, z.T. vergleichende Berechnung vor, die sich an einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise orientiert.
1. |
Feststellung des maßgeblichen Wertes nach dem Niederstwertprinzip:
1.1. |
Feststellung des Wertes zum Zeitpunkt des Vollzugs der Schenkung, umgerechnet nach den Grundsätzen über die Berücksichtigung des Kaufkraftschwunds (Inflationsbereinigung) auf den Tag des Erbfalls, jedoch ohne den Wert des vorbehaltenen Nutzungsrechts |
1.2. |
Gegenüberstellung des Wertes zum Zeitpunkt des Erbfalls |
1.3. |
Maßgebend ist dabei der geringere Wert (Niedrigstwertprinzip) |
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2. |
Ist der geringere Wert der Wert zum Zeitpunkt des Vollzugs der Schenkung, so ist der so ermittelte Wert aufzuteilen in den kapitalisierten Wert des dem Erblasser vorbehaltenen Nießbrauchs (Wohnungsrechts) einerseits und den Restwert des Grundstücks andererseits. Nur den so ermittelten Restwert des Grundeigentums hat der Erblasser aus seinem Vermögen ausgegliedert. Dieser ist sodann unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwunds auf den Todestag des Erblassers umzurechnen und unterliegt insoweit der Pflichtteilsergänzung. |
Rz. 113
Schenkungen können nach der ständigen Rechtsprechung des BGH im Rahmen der Pflichtteilsergänzung in solchen Fällen nur in dem Umfang in Ansatz gebracht werden, "in dem der Wert des weggeschenkten Gegenstandes den Wert der kapitalisierten verbliebenen Nutzung übersteigt". Wenn der Wert des Grundstücks im Zeitpunkt des Erbfalls der maßgebliche Wert ist, also etwa bei gesunkenen Grundstückswerten, bleibt der Wert des Nießbrauchs (Wohnungsrechts) völlig unberücksichtigt. Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob sich ...