Rz. 280
Die Haftung des Beschenkten nach § 2329 BGB ist mehrfach beschränkt:
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Objektmäßig ist die Haftung beschränkt auf den Schenkungsgegenstand nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts. |
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Betragsmäßig ist die Haftung beschränkt auf den exakten Fehlbetrag in Höhe der Differenz zwischen der Pflichtteilsergänzung, die der Pflichtteilsberechtigte nach § 2325 BGB beanspruchen kann, und demjenigen, zu dessen Leistung der Erbe oder in den Fällen des § 2329 Abs. 3 BGB der später Beschenkte i.S.v. § 2329 BGB verpflichtet ist, wie der BGH formuliert. Dies erscheint unscharf; Beck empfiehlt daher, besser davon zu sprechen, dass der Beschenkte auf den Fehlbetrag haftet, der sich bei einer Unterschiedsrechnung zwischen dem Gesamtpflichtteil und dem ergibt, was der Erbe aus diesem Gesamtpflichtteil bis zur Verlagerungsgrenze des § 2329 BGB zu leisten hat. |
Rz. 281
Ist der Beschenkte selbst pflichtteilsberechtigter Erbe, so findet § 2328 BGB nach Ansicht des BGH entsprechende Anwendung und verkürzt den Anspruch weiter. Der BGH begründet dies wie folgt: Ist der Beschenkte selbst pflichtteilsberechtigt und gebührt ihm ein Pflichtteil einschließlich der Pflichtteilsergänzung nach dem Schenker, dann sei seine Stellung jedenfalls nicht schwächer als die Stellung desjenigen, der Ansprüche aus § 2329 BGB stelle. Vielmehr müsse er wegen des ihm selbst gebührenden ergänzten Pflichtteils in entsprechender Anwendung des in § 2328 BGB zum Ausdruck kommenden Grundgedankens mit der ihm zugewendeten Schenkung ebenso gestellt werden wie der pflichtteilsberechtigte Erbe in den Fällen des § 2328 BGB. Das gelte jedenfalls dann, wenn der Beschenkte – wie hier – zugleich auch Erbe ist und daher ohnehin den Schutz des § 2328 BGB genießt. Bei der Berechnung dessen, was dem beschenkten Pflichtteilsberechtigten verbleiben muss, ist auf den Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung des Pflichtteilsanspruchs abzustellen, damit ein etwaiger Wertverfall des Geschenks nach dem Erbfall nicht zu Lasten des Beschenkten geht, und umgekehrt zwischenzeitliche Wertsteigerungen nicht dem Pflichtteilsberechtigten vorenthalten werden. Ob diese Grundsätze auf den beschenkten pflichtteilsberechtigten Nichterben zu übertragen sind, hat der BGH dabei ausdrücklich offen gelassen. Auch hier sind allerdings die Voraussetzungen des § 2328 BGB zu beachten. Der die Einrede einwendende Erbe muss deshalb auch tatsächlich pflichtteilsberechtigt sein (vgl. oben Rdn 242). Verstirbt ein potentiell Pflichtteilsberechtigter vor dem Erbfall, wird also gerade kein Pflichtteilsanspruch übertragen, da dieser potentielle Pflichtteilsanspruch in diesem Zeitpunkt rechtlich noch nicht existiert. Der Erbe des verstorbenen potentiell Pflichtteilsberechtigten kann deshalb später nicht die Einrede aus § 2328 BGB erheben.
Rz. 282
Damit wird aber die sich aus § 2328 BGB ergebende Bevorzugung des Erben, der seinen Gesamtpflichtteil (ordentlicher Pflichtteil und Ergänzungspflichtteil) gegen Pflichtteilsergänzungsansprüche Dritter verteidigen kann, ohne auf das Risiko der Durchsetzung seines Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2329 BGB verwiesen zu werden, nochmals erweitert. Hinter dieser Privilegierung steht, dass der Pflichtteilsberechtigte wenigstens noch einen Anspruch nach § 2329 BGB hat, um seinen Pflichtteil zu ergänzen; dieses Argument entfällt dann, wenn der pflichtteilsberechtigte Erbe der einzige vom Erblasser Beschenkte ist.
Rz. 283
Daher wird man der BGH-Rechtsprechung nur eingeschränkt zustimmen können. Aus der Systematik der §§ 2325 ff. BGB wird man dabei zum einen herleiten müssen, dass der pflichtteilsberechtigte Erbe als Beschenkter auch über die Anwendung des § 2328 BGB nicht seinen eigenen, ordentlichen Pflichtteil verteidigen kann. Dies gilt zumindest in dem Fall, dass der Nachlass nicht positiv ist, denn dann hätte ihm kein ordentlicher Pflichtteil zugestanden, und er kann zu diesem nicht mittelbar über die Kürzung des Ergänzungsanspruchs gelangen. Praktische Bedeutung hat dies – da die Verlagerung der Ergänzungslast auf den Beschenkten und die Enthaftung des Erben nur bei einem dürftigen Nachlass eintritt – in den Fällen, bei denen der Nachlass seit dem Erbfall an Wert eingebußt hat. Des Weiteren sind die ihm vom Erblasser zugewandten Eigengeschenke nach § 2327 BGB zu berücksichtigen (siehe Rdn 244).