Rz. 192
Bei Schenkungen an Ehegatten beginnt die Zehn-Jahres-Frist auch nach der Erbrechtsreform nicht vor der Auflösung der Ehe (§ 2325 Abs. 3 S. 3 BGB), so dass die Anforderungen für den Beginn der Ausschlussfrist verschärft werden. Wird demnach die Ehe erst durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst, sind alle während der gesamten Ehezeit vom Erblasser an den überlebenden Ehegatten getätigten Schenkungen ergänzungspflichtig, mögen diese auch Jahrzehnte zurückliegen. Damit wird der Umgehungsschutz des § 2325 BGB zeitlich ganz erheblich ausgedehnt, weil der schenkende Ehegatte i.d.R. die Folgen der Zuwendung während des Bestehens der Ehe noch nicht wirklich spürt, hat er doch meist noch weiter die faktische Nutzungsmöglichkeit; daher ist die Gefahr der Benachteiligung anderer Pflichtteilsberechtigter hier besonders groß. Das erste Argument entspricht der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des BGH, das zweite ist sachlich zutreffend, jedoch ist diese Bestimmung insgesamt nicht als rechtspolitisch geglückt anzusehen.
Rz. 193
Wird die Ehe geschieden (§ 1564 BGB) oder aufgehoben (§ 1313 BGB), beginnt die Frist demnach erst mit Rechtskraft des entsprechenden Urteils, wobei man die Frage stellen könnte, ob hier nicht auch der Gedanke der zeitlichen Vorverlegung aus § 1933 BGB greifen müsste. Das BVerfG hat die Bestimmung des § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB mit dem Aufschub des Fristbeginns für verfassungsgemäß erachtet, weil kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vorliege. Bei seiner Entscheidung im Jahr 1991 hatte sich das Gericht von der damals in der Literatur ganz überwiegend bejahten Möglichkeit der pflichtteilsfesten ehebedingten Zuwendung leiten lassen. Eine extensive Interpretation oder gar Analogie auf Schenkungen des Erblassers vor der Eheschließung (zwischen Verlobten oder vor Wiederheirat mit dem früheren Ehegatten) oder zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird zumindest in der Literatur überwiegend abgelehnt, da es sich um eine Ausnahmevorschrift handle. Für nichteheliche Lebensgemeinschaften argumentiert das BVerfG auch damit, dass diese durch den Mangel eherechtlicher Bindungen, Pflichten und Auflösungshemmnisse geprägt sind und dies ein sachliches Differenzierungskriterium ist. In seinem Beschluss vom 26.11.2018 argumentiert das BVerfG, dass der Gesetzgeber im Rahmen seines Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums davon ausgehen durfte, dass typischerweise bei einer Schenkung an nichteheliche Lebensgefährten und Kinder (!) keine gleichermaßen dauerhafte Erwartung der Weiternutzungsmöglichkeit bestünde wie bei Ehegatten. Die wirtschaftliche Verflechtung der Ehegatten und die aus der Ehe resultierenden Ansprüche könnten nach Meinung des Gerichts zur Grundlage der Ungleichbehandlung von Dritt- und Ehegattenschenkungen gemacht werden.
Rz. 194
Auf eingetragene Lebenspartner ist nach § 10 Abs. 6 S. 2 LPartG auch § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB entsprechend anwendbar. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass aufgrund des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts seit dem 1.10.2017 die Begründung einer Lebenspartnerschaft nicht mehr erlaubt ist, Art. 3 Abs. 3 des Gesetzes vom 20.7.2017. Das Lebenspartnerschaftsgesetz gilt seit dem Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts zum 1.10.2017 nur noch für vor dem 1.10.2017 begründete eingetragene Lebenspartnerschaften.