Rz. 94

Für die Bewertung des verschenkten Gegenstandes gelten zunächst die allgemeinen Grundsätze wie beim ordentlichen Pflichtteilsanspruch.[298] Demnach ist grundsätzlich der Verkehrswert anzusetzen (§ 2311 BGB; siehe auch § 5 Rdn 60, 90 ff.).[299]

 

Rz. 95

Bei der Übergabe eines Landguts (landwirtschaftlichen Anwesens) ist aber auch hier § 2312 BGB anwendbar,[300] was zur Bewertung nach dem regelmäßig viel niedrigeren Ertragswert führt. Die erforderlichen Voraussetzungen des § 2312 BGB müssen jedoch im Erbfall vorliegen;[301] auf die Eigenschaft im Zeitpunkt der Schenkung solle es nicht ankommen.[302] Die Bewertung zum Ertragswert ist also nicht möglich, wenn zwar im Zeitpunkt der Übergabe der landwirtschaftliche Betrieb noch selbst bewirtschaftet, dann aber vor dem Erbfall aufgegeben wurde. Desgleichen kommt das Ertragswertprivileg nicht zur Anwendung, wenn nur die Zuwendung eines Miteigentumsanteils an einem Landgut oder die Übergabe an mehrere Erwerber als Bruchteilseigentümer erfolgte (siehe näher § 5 Rdn 232 ff.).[303]

 

Rz. 96

Während sonst für die Bewertung im Rahmen des ordentlichen Pflichtteilsanspruchs der Erbfall (§ 2311 Abs. 1 S. 1 BGB) maßgebend ist, bei der Anrechnung und Ausgleichung der Zeitpunkt der Zuwendung (§§ 2315 Abs. 2, 2316, 2055 Abs. 2 BGB), ist hinsichtlich des Bewertungsstichtags beim Pflichtteilsergänzungsanspruch nach dem Schenkungsobjekt zu differenzieren.

[298] Palandt/Weidlich, § 2325 Rn 18.
[299] Dazu etwa Bamberger/Roth/Hau/Poseck/G. Müller, Beckscher Online-Kommentar, Stand: 15.6.2017, § 2311 Rn 17 ff.
[300] BGH NJW 1965, 1526; zu der auch hier erforderlichen Ertragswertanordnung siehe § 5 Rn 270 ff.
[301] BGH NJW 1995, 1352 bei Wegfall der Landguteigenschaft bis zum Tod, OLG Jena NJW-RR 2006, 951, 952.
[303] BGH NJW 1964, 1414.

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