Rz. 97
Verbrauchbare Sachen (§ 92 BGB) sind stets mit ihrem Wert zum Zeitpunkt der Schenkung anzusetzen (§ 2325 Abs. 2 S. 1 BGB). Dabei ist bei diesen – anders als bei nicht verbrauchbaren Sachen – unerheblich, ob diese in der Zwischenzeit bis zum Eintritt des Erbfalls verbraucht, vernichtet oder entwertet wurden. Dem liegt wohl der Gedanke zugrunde, dass diese ohnehin dem zeitbedingten Wertverlust unterworfen sind. Ihre Einbeziehung in den Ergänzungsanspruch erscheint zwar dann nicht sachgemäß, wenn der Untergang oder die Wertminderung auch beim Erblasser eingetreten wäre, jedoch würde dies schwierige Vergleichsüberlegungen erfordern, welche die Praktikabilität erheblich einschränken würden (zur Kritik an § 2325 Abs. 2 BGB siehe auch Rdn 104). Beispiele für verbrauchbare Sachen sind Tiere, Lebensmittel, Heizmaterialien, Geld (da der bestimmungsgemäße Gebrauch in der Veräußerung liegt) und Wertpapiere, soweit sie Geldsurrogate sind, nicht aber Bücher und Kunstgegenstände wie Bilder sowie Möbel, Teppiche und Kraftfahrzeuge, da die allmähliche Abnutzung als Gebrauchsfolge eine Sache noch nicht zur verbrauchbaren macht.
Rz. 98
Der schenkungsweise Erlass einer Geldschuld (§ 397 BGB) ist wie die Schenkung einer verbrauchbaren Sache zu behandeln, weil dies wirtschaftlich der körperlichen Hingabe von Geld gleichsteht und ab dem Erlass nichts mehr vorhanden ist, woran die Wertermittlung anknüpfen könnte. War die erlassene Schuld oder eine schenkungsweise abgetretene Forderung im Erlasszeitpunkt noch nicht fällig, muss man für die Bewertung entsprechend der im Wirtschaftsleben und auch im steuerlichen Bewertungsrecht geltenden Kriterien eine Abzinsung vornehmen, denn sie sind noch nicht so viel wert wie eine fällige Forderung. Ist die Durchsetzbarkeit der Forderung zweifelhaft, so ist auch dies zu berücksichtigen (siehe auch § 5 Rdn 207 ff. zum ordentlichen Pflichtteil). Beim schenkungsweisen Erlass einer Rentenforderung ist der auf den Erlasszeitpunkt kapitalisierte Wert (siehe Rdn 127 ff.) maßgeblich, was ebenfalls der Behandlung im allgemeinen Wirtschaftsleben entspricht und insoweit bedeutsam ist, als die tatsächliche Lebensdauer hiervon u.U. ganz erheblich abweichen kann.
Rz. 99
Bei einem Verzicht auf ein dingliches Nutzungsrecht (Nießbrauch, Wohnungsrecht) ist fraglich, wie dessen Wert zu bestimmen ist. Der BGH hat bei einem Wertersatzanspruch nach § 528 BGB hierfür nur die durch Wegfall des dinglichen Rechts eintretende Werterhöhung des belasteten Grundstücks angenommen. Dies ist bei § 528 BGB zutreffend, da die Herausgabe der Schenkung nur nach Bereicherungsrecht geschuldet ist. Demgegenüber geht es bei § 2325 BGB darum, dass zum Schutz gegen die Aushöhlung des Pflichtteils all das in die Ergänzungspflicht einbezogen wird, was der Erblasser innerhalb der Zeitgrenze des § 2325 Abs. 3 BGB weggegeben hat. Verzichtet er auf solche Nutzungsrechte, so ist aus der Sicht des Berechtigten zu bestimmen, was diese wert waren, denn insoweit hat er bei der aufgegebenen Möglichkeit der Eigennutzung höhere Aufwendungen aus seinem Restnachlass, um eine angemessene Nutzung zu finden. Bei fremdgenutzten Immobilien verliert er die aus dem Nutzungsrecht resultierenden Einnahmen, was für die Bewertung zum Ertragswert spricht. Maßgeblich ist daher auch hier der kapitalisierte Wert des Nutzungsrechts im Erlasszeitpunkt.
Rz. 100
Bei einem noch nicht erfülltem Schenkungsversprechen oder einer aufschiebend befristeten Schenkung weichen der Zeitpunkt des Schenkungsversprechens und der Eintritt des Leistungserfolgs voneinander ab. Hier wird teilweise vertreten, den Wert zum Zeitpunkt der Erfüllung anzusetzen, während der Wert der Schenkung zum Erbfall nur dann maßgeblich sein soll, wenn bis dahin noch keine Erfüllung eingetreten sei. Demgegenüber wendet die – allerdings umstrittene – Rechtsprechung teilweise auf die im Todeszeitpunkt noch nicht erfüllten Schenkungsversprechen das Niederstwertprinzip an (siehe Rdn 108).
Rz. 101
Auch bei verbrauchbaren Sachen ist nach überwiegender Meinung – wie bei § 2325 Abs. 2 S. 2 BGB (siehe Rdn 106) – der Wert des Geschenks um den Kaufkraftschwund bis zum Erbfall zu bereinigen. Nach der Gegenmeinung ist bei verbrauchbaren Sachen, insbesondere bei Geldschenkungen, kein Inflationsausgleich vorzunehmen. Diese würden mit fortschreitendem Zeitablauf ohnehin nicht mehr, sondern weniger. Dann aber trüge der Pflichtteilsberechtigte allein die sich aus der Inflation ergebenden Risiken des Wertverlustes. Demgegenüber legen die beiden Sätze von § 2325 Abs. 2 BGB nur verschiedene Bewertungszeitpunkte fest, gehen aber sonst von dem Grundsatz der Wertbereinigung aus. Die Praxis sollte der überwiegenden Ansicht folgen. Zur Berechnung siehe Rdn 106 f.