Rz. 48
Liegt eine unwiderrufliche Bezugsrechtseinräumung vor, so erwirbt der Begünstigte alle Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag sofort und nicht erst mit dem Tod des Versicherungsnehmers. Eine Entscheidung des BGH liegt hinsichtlich des in diesem Fall für den Pflichtteilsergänzungsanspruch maßgeblichen Wert nicht vor. Die Grundsätze der Entscheidungen vom 28.4.2010 dürften aber entsprechend heranzuziehen sein. Zu beachten ist vor allem die Ausschlussfrist des § 2325 Abs. 3 BGB. Erfolgte die Einräumung außerhalb dieser Frist, so kann für die Pflichtteilsergänzung nicht mehr der Anspruch auf die volle Lebensversicherungssumme herangezogen werden. Es sind dann wohl nur die in dieser Frist geleisteten Prämien zu berücksichtigen, denn die eigentliche Zuwendung der Lebensversicherung lag außerhalb der Ausschlussfrist. Der zusätzlich zu der Prämienzahlung erfolgende Wertzuwachs muss daher unberücksichtigt bleiben. Die Rechtslage ähnelt der, wie wenn der Erblasser dem Begünstigten Geldmittel zur Verfügung stellt, damit dieser hieraus die Prämien einer von ihm selbst abgeschlossenen Versicherung bezahlt.
Rz. 49
Erfolgte dagegen die Einräumung der unwiderruflichen Bezugsberechtigung innerhalb der Ausschlussfrist des § 2325 Abs. 3 BGB, dürfte nun entsprechend der BGH-Entscheidungen vom 28.4.2010 der im Zeitpunkt der Zuwendung bestehende Verkehrswert, regelmäßig der Rückkaufswert zu diesem Zeitpunkt, indexiert und nach § 2325 Abs. 3 BGB abgeschmolzen für den Pflichtteilsergänzungsanspruch maßgeblich sein. Als weitere Schenkungen hinzuzurechnen sind zudem nach der Einräumung des unwiderruflichen Bezugsrechts vom Schenker geleistete Prämien. Diese Grundsätze dürften aufgrund des sofortigen Rechtserwerbs auch bei einer gemischten Lebensversicherung (siehe Rdn 40) mit unwiderruflicher Bezugsberechtigung gelten. Für Muscheler hingegen müsste bei einer Bezugsrechtseinräumung innerhalb der Zehnjahresfrist danach unterschieden werden, ob der Begünstigte ursprünglich (dann seien nur die Prämien ergänzungspflichtig) oder erst nachträglich eingesetzt wurde (dann sei der volle Versicherungsanspruch maßgeblich, zuzüglich etwaiger Überschussanteile und unter Beachtung des Niederstwertprinzips).
Die hier vertretene Auffassung (eine BGH-Entscheidung zur Behandlung unwiderruflicher Bezugsberechtigungen gibt es wie ausgeführt bislang nicht) könnte auch auf Risikolebensversicherungen mit einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung angewandt werden. Doch auch hier dürfte es sich wieder als schwierig erweisen, den Verkehrswert einer solchen Versicherung zu bestimmen (siehe hierzu Hinweis oben Rdn 46). Für die auch am Zweitmarkt gehandelten Risikolebensversicherungen dürfte ein Sachverständigengutachten dann wohl unvermeidlich sein, jedenfalls dann, wenn die Einräumung der unwiderruflichen Bezugsberechtigung innerhalb der 10-Jahres-Ausschlussfrist erfolgte.