Rz. 28
Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn die Vertragsteile das objektiv bestehende Missverhältnis zwischen Zuwendung und Gegenleistung kennen und sich darüber einig sind, dass der Mehrwert unentgeltlich zugewandt sein soll. Dies setzt nicht voraus, dass der objektive Wert der Zuwendung mindestens das Doppelte der Gegenleistung beträgt. Gemischte Schenkungen sind nur hinsichtlich ihres Schenkungsteils ergänzungspflichtig. Abzugrenzen sind sie von der reinen Schenkung, dem vollentgeltlichen Rechtsgeschäft (Kauf, Tausch) und im Einzelfall auch von der verschleierten Schenkung.
Rz. 29
Wegen des subjektiven Tatbestandsmerkmals ist die subjektive Vorstellung der Vertragsteile in zweifacher Hinsicht bedeutsam: Zum einen entscheidet sie darüber, ob eine Zuwendung mit einer anderen des Empfängers verknüpft wird und insoweit die Unentgeltlichkeit ausschließt. Dabei sind synallagmatische, konditionale (im Hinblick auf künftige) und kausale Leistungsverknüpfungen (im Hinblick auf bereits erbrachte Leistungen, sog. vorweggenommene Erfüllungshandlung) möglich. Bei der letztgenannten Art ist die Abgrenzung zur belohnenden Schenkung zu beachten. Entscheidend ist, dass die Vorleistung in der Absicht der späteren Entlohnung erbracht wird. Eingehend zu diesen Fragen, insbesondere mit den Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung, siehe § 10 Rdn 148 ff.
Rz. 30
Zum anderen gilt hinsichtlich der Bewertung von Leistung und Gegenleistung grundsätzlich das Prinzip der subjektiven Äquivalenz. Danach steht es den Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich frei, den Wert der auszutauschenden Leistungen zu bestimmen und damit auch den "Schenkungsteil" festzulegen. So ist insbesondere deren Bewertung von Versorgungsrechten in einem Übergabevertrag anzuerkennen, wenn sie – auch unter Berücksichtigung des Verwandtschaftsverhältnisses – noch in einem vertretbaren Rahmen liegt. Zu den sich hieraus für die Gestaltung ergebenden Bewertungsspielräumen siehe § 10 Rdn 158 ff. Vertraglich vereinbarte Leistungen können sogar noch nachträglich erhöht werden. Dies gilt auch bei Zuwendungen unter Ehegatten, jedoch muss die Zusatzvergütung angemessen sein. Weiter kann dem Schenker sogar vertraglich das Recht eingeräumt werden, ein zunächst unentgeltlich vereinbartes Rechtsgeschäft durch einseitige Erklärung nachträglich in ein vollentgeltliches umzugestalten; dies soll sogar durch Verfügung von Todes wegen möglich sein. Der Wille der Vertragsteile ist auch maßgeblich dafür, inwieweit Leistungen des Erwerbers an Dritte, etwa zur Versorgung des Ehegatten des Zuwenders, eine den Schenkungswert verkleinernde Gegenleistung darstellen; dabei kommt es darauf an, dass es sich um eine vertragliche Verknüpfung der Leistungsbeziehungen handelt. Schließlich hat der BGH interessanterweise zu erkennen gegeben, dass z.B. übernommene Pflegeverpflichtungen und Pflegeleistungen – auch nachträglich – in Form echter Gegenleistungen bei gemischten Schenkungen als Abzugsposten in Betracht kommen.
Rz. 31
Allerdings hat die Rechtsprechung dem Grundsatz der subjektiven Äquivalenz Grenzen gesetzt. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist dabei zu beachten: Es steht den Vertragsteilen nicht frei, eine ohne jede objektive Gegenleistung erfolgende Zuwendung als entgeltliche zu deklarieren oder die vereinbarten Leistungen völlig "zu frisieren" oder willkürlich zu bewerten. Bei einem auffallend groben Missverhältnis zwischen den objektiven Werten von Leistung und Gegenleistung billigt die Rechtsprechung den Dritten zum Schutz ihrer berechtigten Interessen eine Beweiserleichterung zu (siehe Rdn 195). Der BGH hat im Jahr 2007 für den Fall einer Grundstücksschenkung unter Nießbrauchsvorbehalt entschieden, dass im Hinblick auf die Vertragsfreiheit und der lebzeitigen Verfügungsbefugnis des Erblassers die Schenkungsvertragsparteien nachträglich ein Entgelt vereinbaren können, also den Rechtsgrund für die vollzogene Übertragung austauschen können. Der BGH verwies auf den Schutz des Pflichtteilsberechtigten vor Missbräuchen, wenn zwischen der vereinbarten Gegenleistung und der Leistung des Erblassers ein grobes Missverhältnis besteht. Der Sorge vor nachträglichen Manipulationsmöglichkeiten ist entgegenzuhalten, dass verschleierte Schenkungen und damit missbräuchliche Rechtsgeschäfte von Anfang an vereinbart werden können und in der Abwägung zwischen dem Grundsatz der Vertragsfreiheit und der Möglichkeit von Missbräuchen der Vertragsfreiheit der Vorzug einzuräumen ist. Entscheidend ist also, ob eine vereinbarte Gegenleistung tatsächlich als "seriöse" Gegenleistung zu betrachten ist. Der BGH hat bislang noch nicht entschieden, bis zu welcher Grenze ein objektiver Wertunterschied zwischen Leistung und Gegenleistung noch als gleichwertig anerkannt werden kann. Bei einer Wertrelation von 150.000 DM für die Zuwendung und von 121.000 DM für den vorbehaltenen Nießbrauch (dieser machte also 80 % aus) hat der BGH allerdings für das E...