Rz. 132
In Grundstücksübertragungsverträgen werden immer wieder auch Pflegeleistungen vereinbart, die den unentgeltlichen Teil der Zuwendung u.U. ganz erheblich reduzieren können, weil sie auch bei erbrechtlichen Ansprüchen zu berücksichtigen sind. Nach Auffassung des BGH können beispielsweise übernommene Pflegeverpflichtungen und Pflegeleistungen auch in Form echter Gegenleistungen bei gemischten Schenkungen als Abzugsposten in Betracht kommen. Neben der Bemessung des Kapitalisierungsfaktors (siehe Rdn 127 ff.) bereitet die Bewertung der geschuldeten Pflegeleistung Probleme. Hierbei ist primär von der vertraglich festgelegten Verpflichtung auszugehen. Die in der Vergangenheit übliche Orientierung an den drei Pflegestufen des Pflegeversicherungsgesetzes soll heute überholt sein, da diese Pflegestufen durch das zweite Pflegestärkungsgesetz mit Wirkung zum 1.1.2017 durch fünf Pflegegrade ersetzt wurden. Diesbezüglich wird vertreten, dass sich diese neuen Pflegegrade nicht mehr eigneten, etwa weil es bereits an einer Festlegung des Zeitumfangs fehle. Stattdessen empfiehlt z.B. Müller-Engels, die geschuldeten Tätigkeiten und die aufgewendete Zeit genauer zu umschreiben. Daneben ist auch auf den konkreten Gesundheitszustand bei der Zuwendung abzustellen. Die meisten Entscheidungen hierzu finden sich aus dem sozialhilferechtlichen Bereich, insbesondere zur Bemessung der Wertersatzrente für Pflegeleistungen bei Wegzug des Berechtigten in ein Pflegeheim. Sie sind daher nicht ohne weiteres übertragbar, da es dabei nach den landesrechtlichen Ausführungsgesetzen um die nach Bereicherungsrecht und billigem Ermessen zu bestimmende "Befreiung von der Leistungspflicht" geht; hier reichen die Beträge von 3,50 EUR/Stunde bis 280 EUR/Monat. Demgegenüber fanden sich bei Pflichtteilsergänzungsprozessen Monatswerte von 300 DM, 800 DM, 2.500 DM bis zum Spitzenwert von 3.000 DM.
Rz. 133
Weiter ist zu klären, ab welchem "Einsatzzeitpunkt" die Pflegeleistung zu berücksichtigen ist, wenn die Pflegebedürftigkeit nicht bereits bei der Zuwendung besteht, sondern der Bedarfsfall erst später eintritt. Während hier teilweise die Verpflichtung als aufschiebend bedingte behandelt und erst ab dem tatsächlichen Bedarf berücksichtigt wird, teilweise auch auf eine Pflegewahrscheinlichkeit abgestellt wird, wird doch überwiegend "abstrakt" nach der Lebenserwartung und ab Vertragsabschluss berechnet, was zutreffend dem Gedanken Rechnung trägt, dass der Übernehmer sofort ab Vertragsschluss das Risiko hat, voll die gesamte Pflegeleistung erbringen zu müssen. Auf die tatsächlich erfolgte Inanspruchnahme der Leistungen kommt es nicht an. Wurde die Pflegeleistung zunächst unentgeltlich erbracht, können die Parteien nachträglich noch die Entgeltlichkeit (vgl. Rdn 30) mit der Folge vereinbaren, dass die Zuwendung des Schenkers an den Pflegenden keiner Pflichtteilsergänzung unterliegt, soweit sie dem Wert der Pflegeleistung entspricht.