1. Gläubiger des Anspruchs
Rz. 255
Der Gläubiger des Anspruchs muss pflichtteilsberechtigt sein, also zum Kreis der abstrakt Pflichtteilsberechtigten gehören (siehe § 2303 BGB); daher darf das Pflichtteilsrecht nicht durch einen Pflichtteilsverzicht (§ 2346 Abs. 2 BGB) oder durch eine Pflichtteilsentziehung (§§ 2333 ff. BGB) verloren gegangen sein. Von mehreren Pflichtteilsberechtigten kann jeder für sich den Anspruch gegen den Beschenkten geltend machen, sie sind Gesamtgläubiger (§ 428 BGB). Dies ermöglicht nach § 430 BGB einen Innenausgleich der Ergänzungsberechtigten, wenn der Wert des Geschenks wegen eines Wertverfalls nicht zur Deckung aller Ansprüche ausreicht. Im Grundsatz kann auch ein Sozialhilfeträger aus übergeleitetem Recht Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Beschenkten geltend machen.
Rz. 256
Ist der Pflichtteilsberechtigte der alleinige Erbe, so könnte außer ihm niemand aus dem Nachlass die Ergänzung verlangen. Daher bestimmt § 2329 Abs. 1 S. 2 BGB, dass ein Ergänzungsanspruch des Alleinerben (§ 2326 BGB) sich von Anfang an gegen den Beschenkten richtet. Damit bietet auch die Einsetzung des Pflichtteilsberechtigten zum Alleinerben keine Möglichkeit, den Schutz des § 2325 BGB bei ergänzungspflichtigen Schenkungen zu unterlaufen. Auch muss der Alleinerbe die Erbschaft nicht ausschlagen, um den Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beschenkten nach § 2329 BGB geltend machen zu können. Allerdings ist hier die Anrechnung des Erbteils nach § 2326 S. 2 BGB zu beachten, wobei bei dieser Anrechnung Beschränkungen und Beschwerungen i.S.v. § 2306 Abs. 1 BGB nicht mindernd in Abzug gebracht werden können. Demnach kann ein durch solche Beschränkungen wirtschaftlich fast völlig entwerteter Erbteil den Ergänzungsanspruch vollständig beseitigen; dagegen hilft bei der Falllage des § 2306 Abs. 1 BGB jedoch die Ausschlagung zur Pflichtteilserlangung (siehe Rdn 208 f.). Zur Frage, inwieweit der pflichtteilsberechtigte Alleinerbe, der die Erhebung der Einrede nach § 2328 BGB unterlassen hat, deswegen Ansprüche gegen den Beschenkten gelten machen kann, siehe Rdn 248.
Rz. 257
Bei mehreren pflichtteilsberechtigten Miterben ist der Anspruch nach § 2325 BGB eine normale Nachlassverbindlichkeit, für welche die Erben als Gesamtschuldner haften (§ 426 BGB), so dass sich die Haftung des Beschenkten bereits nach § 2329 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmt und eine Analogie zu § 2329 Abs. 1 S. 2 BGB nicht erforderlich ist, wobei eine anderslautende Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1981 natürlich zu beachten ist.
Rz. 258
Auch die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens berührt die Befugnis des Alleinerben zur Geltendmachung des Ergänzungsanspruchs nicht. Hieran zeigt sich gerade, dass der Anspruch nicht zum Nachlass gehört.
2. Schuldner des Anspruchs
a) Erbe ist zugleich Beschenkter
Rz. 259
Schuldner des Anspruchs nach § 2329 BGB ist der Beschenkte, nach seinem Tod seine Erben. Ist der Erbe zugleich der Beschenkte, so kann er zunächst nach § 2325 BGB auf Geldzahlung in Anspruch genommen werden und sich insoweit die Beschränkung der Erbenhaftung vorbehalten (§ 780 ZPO). Soweit die Haftung entfällt, kann er nach § 2329 BGB als Beschenkter herangezogen werden, wobei diese Klage dann jedoch grundsätzlich nicht auf Zahlung, sondern Duldung der Zwangsvollstreckung gerichtet ist (siehe Rdn 275). Stellt sich daher in einem Prozess die Notwendigkeit der Klageumstellung heraus, so hat das Gericht nach § 139 ZPO darauf hinzuweisen. Dies ist auch keine unzulässige Klageänderung. Zur Verjährungsunterbrechung bezüglich des Anspruchs nach § 2329 BGB siehe Rdn 290.
Rz. 260
Werden vom Pflichtteilsberechtigten mehrere beschenkte Erben primär nach § 2325 BGB, hilfsweise nach § 2329 BGB in Anspruch genommen, so muss das Gericht den Erben die Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlass nach § 780 ZPO vorbehalten, wenn die Erben die entsprechende Einrede erheben und das Gericht die Entscheidung hierzu offenlässt. Die Haftung nach § 2329 BGB kommt dann nur zum Tragen, wenn der Nachlass zur Deckung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nicht ausreicht.