1. Anspruchsinhalt
Rz. 274
Sind die Voraussetzungen des § 2329 BGB gegeben, so richtet sich der Anspruch auf "Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrages nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung". Die Bestimmung des Anspruchsinhalts ist nicht einfach.
Rz. 275
Der Anspruch richtet sich von vornherein nur auf Geldzahlung, wenn es um die Ergänzung eines Geldgeschenks geht oder wenn das Geschenk nicht mehr vorhanden ist, sich der Beschenkte aber nicht auf eine Entreicherung berufen kann (§§ 818 Abs. 2 und 4, 819 BGB). Anderenfalls richtet sich der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Sachgeschenk in Höhe des zu beziffernden Fehlbetrages (analog §§ 1973 Abs. 2 S. 1, 1990 Abs. 1 S. 2 BGB), nicht jedoch auf Geldzahlung, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um einen unteilbaren Gegenstand handelt, dessen Wert über dem Pflichtteilsergänzungsanspruch liegt. Bei einem noch nicht erfüllten Schenkungsversprechen ist der Erfüllungsanspruch herauszugeben. Gegen den Anspruch aus § 2329 Abs. 1 BGB hat jedoch der Beschenkte eine Abwendungsbefugnis und kann die Zwangsvollstreckung durch Zahlung des fehlenden Geldbetrages abwenden (§ 2329 Abs. 2 BGB); ob er hiervon Gebrauch macht, liegt allein in seiner Entscheidung. Für die Ermittlung des Abwendungsbetrages gelten die Wertansätze des § 2325 Abs. 2 BGB. Dies kann u.U. dazu führen, dass der aufzubringende Fehlbetrag höher ist als der Wert der Schenkung.
2. Haftung nach Bereicherungsrecht
Rz. 276
Im Übrigen bestimmt sich das Maß der Haftung (nicht aber die Höhe des Ergänzungsanspruchs) nach Bereicherungsrecht, worunter eine Rechtsfolgenverweisung zu verstehen ist. Daraus ergibt sich:
▪ |
Surrogate und gezogene Nutzungen sind demnach herauszugeben oder unterliegen der Duldung der Zwangsvollstreckung (§ 818 Abs. 1 BGB). |
▪ |
Bei einer Veräußerung oder Belastung wird Wertersatz geschuldet (§ 818 Abs. 2 BGB), der auch hier nur auf Zahlung gerichtet ist. |
▪ |
Der Beschenkte kann sich grundsätzlich auf den Einwand der Entreicherung berufen (§ 818 Abs. 3 BGB). Damit trägt der Pflichtteilsberechtigte die Gefahr eines zufälligen Untergangs oder einer Verschlechterung der Schenkung. Die im Zusammenhang mit der Schenkung entstandenen Kosten, Aufwendungen und Nachteile mindern ebenfalls die Bereicherung. Die Bereicherung entfällt auch, wenn die Schenkung von einem Insolvenzverwalter, und zwar im Rahmen eines Nachlassinsolvenzverfahrens, oder von einem Gläubiger erfolgreich angefochten wird (§ 134 InsO, § 4 AnfG). Bei einem Weiterverschenken gilt allerdings § 822 BGB, und zwar auch dann, wenn die Weitergabe vor dem Erbfall erfolgte, damit ein ausreichender Schutz des Pflichtteilsberechtigten ermöglicht wird. |
▪ |
Die verschärfte Haftung nach §§ 818 Abs. 4, 819 BGB kann vor dem Erbfall nicht eintreten, da der Ergänzungsanspruch vorher nicht entsteht, es daher an dem erforderlichen positiven Wissen des Beschenkten von seiner Verpflichtung fehlt. |