1. Auswirkung des Leistungsverweigerungsrechts
Rz. 244
Als Rechtsfolge gewährt § 2328 BGB dem pflichtteilsberechtigten Erben eine peremptorische Einrede, d.h. ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Pflichtteilsergänzungsanspruch eines anderen Pflichtteilsberechtigten. Der Erbe muss nach Erhebung der Einrede den Ergänzungsanspruch nur noch mit denjenigen Beträgen erfüllen, welche ihm vom Nachlass und etwa selbst erhaltenen Eigengeschenken verbleiben, nachdem
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sein ordentlicher eigener Pflichtteil unter Berücksichtigung von Anrechnungs- und Ausgleichungspflichten (§§ 2315, 2316 BGB) und |
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der Betrag gedeckt ist, den er selbst als Pflichtteilsergänzung nach §§ 2325, 2326 BGB nach Abzug der Eigengeschenke (§ 2327 BGB) zu fordern berechtigt ist. |
Rz. 245
Bei einer Zugewinngemeinschaftsehe wird der große Pflichtteil angesetzt, wenn es zur erbrechtlichen Lösung kommt. Gleiches gilt bei der Ausgleichsgemeinschaft eingetragener Lebenspartner (§ 6 Abs. 2 S. 4 LPartG).
Rz. 246
Wenn und soweit die Haftung des Alleinerben entfällt, so greift die Haftung des Beschenkten nach § 2329 BGB ein. Dieser kann dagegen auch nicht einwenden, der Erbe habe nach § 2328 BGB nur eine Einrede und sei an sich zur Pflichtteilsergänzung verpflichtet.
Rz. 247
Bei Vorhandensein von Miterben kommt jedoch ein Ergänzungsanspruch gegen den Beschenkten (§ 2329 BGB) nur dann in Betracht, wenn der Ergänzungsberechtigte nicht von den anderen Miterben Erfüllung des Anspruchs erhält. Verteidigen kann der pflichtteilsberechtigte Erbe aber nur seinen konkreten Gesamtpflichtteil (ordentlicher plus ergänzter Pflichtteil) unter Berücksichtigung von Anrechnungs- und Ausgleichungspflichten. Der Kürzungsbetrag des § 2326 Abs. 1 S. 2 BGB ist für den Umfang der Einrede nach § 2328 BGB nicht zu berücksichtigen, da sonst der pflichtteilsberechtigte Erbe benachteiligt wäre.
2. Unterlassene Einrede
Rz. 248
Wenn der pflichtteilsberechtigte Erbe von seinem Leistungsverweigerungsrecht keinen Gebrauch macht und den Pflichtteilsberechtigten befriedigt, kann er wohl nach h.M. vom Beschenkten nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag Rückgriff nehmen, weil er diesen von einer Verbindlichkeit befreit habe. Schindler verneint jedoch den erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen und will einen Anspruch nach den Grundsätzen der Rückgriffskondiktion gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB gewähren. Ob er sich stattdessen auch an den Pflichtteilsberechtigten halten kann und einen Bereicherungsanspruch hat (§ 813 BGB), ist strittig.
3. Schutz des Ergänzungspflichtteils gegen Vermächtnisse
Rz. 249
Gegenüber Beeinträchtigungen, die den Erben durch Vermächtnisse und Auflagen in Verbindung mit dem Pflichtteilsergänzungsanspruch anderer belasten, kann sich der Erbe durch das Kürzungsrecht nach § 2318 Abs. 1 BGB schützen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass § 2318 Abs. 3 BGB den eigenen Pflichtteil gegen die bloße Inanspruchnahme aus Vermächtnissen und Auflagen (ohne das Hinzukommen weiterer Pflichtteilsansprüche) gerade nicht schützt (hier hilft nur § 2306 Abs. 1 (S. 2 a.F.) BGB) und daher auch nicht den eigenen Ergänzungspflichtteil sichert.