Rz. 284
Auch hier ergeben sich schwierige Fragen. Der Beschenkte kann im Einzelfall wegen der gleichen Zuwendung sowohl dem Anspruch des Vertragserben nach § 2287 BGB als auch dem Anspruch des Pflichtteilsberechtigten nach § 2329 BGB ausgesetzt sein. Dabei stehen beide Ansprüche grundsätzlich selbstständig nebeneinander. Dies kann zu einer "Wettlaufsituation" mit scheinbar völlig unterschiedlichem Ausgang führen. Setzt der Vertragserbe seinen Anspruch schneller durch, so scheint wegen des Entreicherungseinwands (§ 818 Abs. 3 BGB) die Haftung des Beschenkten aus § 2329 BGB zu entfallen. Da der Anspruch aus § 2287 BGB nicht zum Nachlass gehört, würde diese Leistung auch nicht zu einem "Wiederaufleben" der Haftung des Erben für den Anspruch aus § 2325 BGB führen. Jedoch muss man stärker differenzieren: Der Vertragserbe kann vom Beschenkten die Geschenkherausgabe nach § 2287 BGB nur insoweit verlangen, als er durch die Schenkung tatsächlich in seiner Erberwartung beeinträchtigt wurde. Da er aber als Erbe auch den ordentlichen Pflichtteil hätte bezahlen müssen, der aus dem Schenkungsobjekt resultiert, muss er sich seinen Herausgabeanspruch entsprechend kürzen lassen; hinsichtlich dieses Restwertes haftet dann wieder der Beschenkte nach § 2329 BGB.
Rz. 285
War aber mit der Durchsetzung seines Anspruchs aus § 2329 BGB der Pflichtteilsberechtigte schneller, so gebührt dem Vertragserben im Falle der Verwertung des ganzen Geschenks durch Zwangsvollstreckung der über den Pflichtteil hinausgehende Mehrerlös. Soweit aber die Abwendungsbefugnis nach § 2329 Abs. 2 BGB ausgeübt wurde, gebührt dem Vertragserben das Geschenk gegen Erstattung des gezahlten Pflichtteilsanspruchs.
Rz. 286
Soweit dem pflichtteilsberechtigten Erben wegen der gleichen Schenkung sowohl Ansprüche nach § 2329 BGB (i.V.m. § 2326 BGB) als auch nach §§ 2287, 2288 BGB zustehen, ist nach Ansicht des BGH der Anspruch aus § 2329 BGB subsidiär, weil es insoweit an dem hierfür erforderlichen Fehlbetrag fehle. Demgegenüber wird in der Literatur überwiegend ein Wahlrecht befürwortet, wenn nur eine doppelte Geltendmachung ausgeschlossen ist.
Rz. 287
Auch eine Konkurrenz von § 2329 Abs. 1 BGB mit dem Rückforderungsanspruch bei Verarmung des Schenkers nach § 528 BGB ist möglich, wenn der Anspruch nach § 528 BGB nach dem Tod des Schenkers ausnahmsweise noch fortbesteht, was insbesondere bei einer Überleitung auf einen Sozialhilfeträger nach § 93 SGB XII zu Lebzeiten des Schenkers in Betracht kommt. Insoweit ist dann dieser Anspruch nach § 528 BGB gegenüber denen nach §§ 2325, 2329 BGB vorrangig, da er ja auch bei Erfüllung zu Lebzeiten den Nachlass gemindert hätte. Wäre die Schenkung ganz unterblieben, so wäre der Anspruch nach § 528 BGB gar nicht entstanden.
Rz. 288
Im Einzelfall kann auch ein Anspruch des pflichtteilsberechtigten Erben nach § 826 BGB wegen der Schenkung gegen den Beschenkten bestehen oder gar ein solcher nach § 812 BGB, wenn die Schenkung insgesamt sittenwidrig war. Jedoch bedarf es hierfür besonderer Umstände. Jedenfalls ergeben sich für diese allgemeinen Ansprüche aus § 2329 BGB keine Einschränkungen.