Rz. 114
Mit Erfolg rügte die Revision, dass sich das Berufungsgericht bei der Prüfung der unfallbedingten Rechtsgutsverletzung lediglich mit dem Vorliegen einer HWS-Distorsion befasst und diese nicht für bewiesen erachtet hat. Die Zeugin W. hatte nach den Feststellungen des AG glaubhaft bekundet, nach dem Unfall unter "starken Nacken- und Kopfschmerzen" gelitten zu haben. Diese bei der Beweisaufnahme zutage getretenen Umstände hat sich die Klägerin zumindest hilfsweise zu Eigen gemacht. Auch diese Beschwerden können als unfallbedingte Körperverletzung zu bewerten sein. Denn der Begriff der Körperverletzung i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 1, § 11 StVG ist weit auszulegen und umfasst jeden Eingriff in die Integrität der körperlichen Befindlichkeit (Senatsurt. v. 17.9.2013 – VI ZR 95/13, NJW 2013, 3634 Rn 12 m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts läuft der Verzicht auf die Verifizierung eines bestimmten Diagnoseinhalts und die Beschränkung der Prüfung darauf, ob überhaupt eine Körper- oder Gesundheitsverletzung vorliegt, nicht darauf hinaus, einen Verletzungsverdacht ausreichen zu lassen. Denn auch dann, wenn sich die Diagnose HWS-Distorsion nicht verifizieren lässt, können glaubhaft bekundete starke Nacken- und Kopfschmerzen eine Rechtsgutsverletzung und nicht nur einen Verletzungsverdacht begründen. Für die Annahme der haftungsbegründenden Kausalität ist dann entscheidend, ob die Beschwerden durch den Unfall hervorgerufen wurden.
Rz. 115
Die Sache war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 S. 1 ZPO. Dieses wird die Feststellungen zur Frage des Vorliegens unfallbedingter starker Nacken- und Kopfschmerzen nachzuholen haben. Bejahendenfalls wird es für die Frage, ob die Beschwerden zur krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und damit zum (normativen) Verdienstausfallschaden führten (haftungsausfüllende Kausalität), das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO anzuwenden haben. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass der Tatrichter den Beweis, dass krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorlag, normalerweise als erbracht ansehen kann, wenn eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt (vgl. Senatsurt. v. 16.10.2001 – VI ZR 408/00, BGHZ 149, 63, 67, juris Rn 12; BAG, NJW 2017, 1129 Rn 17; NJW 1998, 2762, juris Rn 13), und dass dem Arbeitnehmer, der berechtigterweise auf die ihm bescheinigte Arbeitsunfähigkeit vertraut und deshalb nicht arbeitet, hierdurch ein ersatzfähiger normativer Schaden entsteht (vgl. Senatsurt. v. 16.10.2001 – VI ZR 408/00, BGHZ 149, 63, 67, juris Rn 12).