Rz. 134
Das angefochtene Urteil hielt revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
Das Berufungsgericht ist war mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund der im Adhäsionsverfahren ergangenen rechtskräftigen Verurteilung des Beklagten, an den Kläger aufgrund des Schadensereignisses vom 28.5.2011 ein Schmerzensgeld von 1.500 EUR zu zahlen, eine erneute Klage zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegenstand gemäß § 322 ZPO unzulässig war.
Rz. 135
Der Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes im Adhäsionsverfahren hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung einer entsprechenden Klage im bürgerlichen Rechtsstreit (vgl. § 404 Abs. 2 S. 1 StPO). Die in einem Strafverfahren ergangene rechtskräftige Entscheidung über den Antrag, durch den der Verletzte den ihm aus einer Straftat des Beschuldigten erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch (§§ 403 f. StPO) geltend macht, steht gemäß § 406 Abs. 3 S. 1 StPO einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen rechtskräftigen Urteil gleich (vgl. Senatsurt. v. 18.12.2012 – VI ZR 55/12, NJW 2013, 1163 Rn 8). Nur soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er nach § 406 Abs. 3 S. 3 StPO anderweit geltend gemacht werden. Eine solche Ausnahme lag im Streitfall nicht vor.
Rz. 136
Streitgegenstand des Adhäsionsverfahrens war hier ein (einheitlicher) Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Schmerzensgeld aus dem Schadensereignis vom 28.5.2011. Das Berufungsgericht war zutreffend davon ausgegangen, dass es der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschl. v. 6.7.1955, GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 151 ff.; Senatsurt. v. 6.12.1960 – VI ZR 73/60, VersR 1961, 164 f. und v. 20.3.2001 – VI ZR 325/99, VersR 2001, 876).
Rz. 137
Verlangt ein Kläger für erlittene Körperverletzungen – wie im Streitfall – uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden durch den zuerkannten Betrag alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (st. Rspr.: vgl. Senatsurt. v. 11.6.1963 – VI ZR 135/62, VersR 1963, 1048, 1049; v. 8.7.1980 – VI ZR 72/79, VersR 1980, 975 f.; v. 24.5.1988 – VI ZR 326/87, VersR 1988, 929 f.; v. 7.2.1995 – VI ZR 201/94, VersR 1995, 471, 472; v. 20.3.2001 – VI ZR 325/99, a.a.O.; v. 20.1.2004 – VI ZR 70/03, VersR 2004, 1334 und v. 14.2.2006 – VI ZR 322/04, VersR 2006, 1090 Rn 7, jeweils m.w.N.). Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. Senatsurt. v. 14.2.2006 – VI ZR 322/04, a.a.O. m.w.N.). Lediglich solche Verletzungsfolgen, die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen, werden von der vom Gericht ausgesprochenen Folge nicht umfasst und können deshalb die Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld sein (vgl. Senatsurt. v. 14.2.2006 – VI ZR 322/04, a.a.O. m.w.N.).
Rz. 138
Solche Spätfolgen machte der Kläger im Streitfall jedoch nicht geltend. Er war vielmehr lediglich der Auffassung, dass ihm das AG (Strafrichter) im Adhäsionsverfahren ein zu geringes Schmerzensgeld zuerkannt hatte. Damit konnte er jedoch im vorliegenden Rechtsstreit kein Gehör finden. Denn an einer erneuten Beurteilung dieser Frage war das Zivilgericht aufgrund der Rechtskraft des im Adhäsionsverfahren ergangenen Urteils gehindert (vgl. Senatsurt. v. 24.5.1988 – VI ZR 326/87, a.a.O., 930 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. vor § 322 Rn 49 m.w.N.). Der Kläger hatte ausweislich der Feststellungen des Berufungsgerichts im Adhäsionsverfahren einen unbestimmten Antrag auf Verurteilung zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes gestellt. Hierüber hatte der Strafrichter uneingeschränkt entschieden.
Rz. 139
Ein Anspruch kann nach § 406 Abs. 3 S. 3 StPO nur anderweit geltend gemacht werden, soweit er im Adhäsionsverfahren nicht zuerkannt worden ist. In diesem Fall muss das Strafgericht von einer Entscheidung absehen (§ 406 Abs. 1 S. 3). Dies war im Streitfall hinsichtlich des Antrags auf Verurteilung zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes nicht erfolgt. Da der Kläger im Strafverfahren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich einen unbezifferten Antrag auf Zuerkennung eines angemessenen Schmerzensgeldes gestellt, also weder einen die zuerkannten 1.500 EUR übersteigend...