Norbert Schneider, Lotte Thiel
a) Überblick
Rz. 40
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Abstammungssachen sind Verfahren auf |
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Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses, insbesondere der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Anerkennung der Vaterschaft (§ 169 Nr. 1 FamFG), |
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Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und Anordnung der Duldung einer Probeentnahme (§ 169 Nr. 2 FamFG), |
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Einsicht in ein Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift (§ 169 Nr. 3 FamFG) und |
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Anfechtung der Vaterschaft (§ 169 Nr. 4 FamFG). |
Rz. 41
Die Gebühren richten sich nach Teil 3 VV, den Nrn. 3100 ff. VV. Eine Einigungsgebühr ist in der Abstammungssache selbst nicht möglich.
b) Gegenstandswert
Rz. 42
Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 47 Abs. 1 FamGKG
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In den Verfahren des § 169 Nr. 1 und Nr. 4 FamFG gilt ein Regelwert in Höhe von 2.000,00 EUR. |
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Für die übrigen Abstammungssachen (§ 169 Nr. 2 und 3 FamFG) gilt ein Regelwert in Höhe von 1.000,00 EUR. |
Rz. 43
Ist der Regelwert nach den besonderen Umständen unbillig, kann das Gericht auch einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen (§ 47 Abs. 2 FamGKG).
Rz. 44
Zwar ist es verfahrenswidrig, Abstammungssachen mehrerer Kinder in demselben Verfahren zu betreiben, was aber nicht heißt, dass dies nicht dennoch geschieht, wie der vorstehend zitierte Fall des OLG Celle belegt. Werden in demselben Verfahren – verfahrenswidrig – Abstammungssachen verschiedener Kinder behandelt, so sind die einzelnen Werte nach § 33 Abs. 1 FamGKG zu addieren. Ein Additionsverbot wie für Kindschaftssachen in den §§ 44 Abs. 2 S. 2, 45 Abs. 2 FamGKG ist hier nicht vorgesehen.
c) Die Gebühren
Rz. 45
Der Anwalt erhält zunächst einmal für das Betreiben des Geschäfts (Vorbem. 3 Abs. 2 VV) eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV), die sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 Nr. 1 und 2 VV auf 0,8 ermäßigen kann. Eine Ermäßigung nach Nr. 3101 Nr. 3 VV ist nicht möglich.
Beispiel 7: Vaterschaftsfeststellung ohne Termin
Das Kind beantragt ein Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft. Nach Eingang des Gutachtens wird der Antrag zurückgenommen, ohne dass verhandelt worden war.
Der Anwalt erhält nur die Verfahrensgebühr aus dem Wert von 2.000,00 EUR.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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195,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
215,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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40,85 EUR |
Gesamt |
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255,85 EUR |
Rz. 46
Ist eine Geschäftsgebühr vorausgegangen, so ist diese zur Hälfte, höchstens zu 0,75 anzurechnen.
Rz. 47
Hinzu kommt unter den Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 VV eine Terminsgebühr. Die Höhe der Terminsgebühr beläuft sich auf 1,2 (Nr. 3104 VV). Eine Ermäßigung auf 0,5 nach Nr. 3105 VV ist nicht möglich, da eine Versäumnisentscheidung nicht vorgesehen ist.
Beispiel 8: Vaterschaftsfeststellung mit Termin
Das Kind beantragt ein Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft. Es wird mündlich verhandelt.
Der Anwalt erhält die Verfahrensgebühr und die Terminsgebühr aus dem Wert von 2.000,00 EUR.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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195,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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180,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
395,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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75,05 EUR |
Gesamt |
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470,05 EUR |
Rz. 48
Die Terminsgebühr kann auch dann anfallen, wenn im Einverständnis der Beteiligten eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bzw. Erörterung ergeht (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV), da nach § 175 Abs. 1 FamFG ein Erörterungstermin vorgeschrieben ist (siehe Rdn 31 f.).
Beispiel 9: Vaterschaftsfeststellung mit Entscheidung im schriftlichen Verfahren
Das Kind beantragt ein Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft. Im Einverständnis der Beteiligten wird ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Abzurechnen ist wie im vorangegangenen Beispiel.
Rz. 49
Eine Einigungsgebühr kann in den Abstammungssachen des § 169 Nr. 1 und 4 FamFG nicht anfallen, da die Beteiligten über Fragen der Abstammung nicht wirksam verfügen können. Insoweit der Verfahrensgegenstand die Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung, die Anordnung der Duldung einer Probeentnahme, die Einsicht in ein Abstammungsgutachten oder die Aushändigung einer Abschrift ist, kann die Einigungsgebühr dagegen ausgelöst werden.
Rz. 50
Eine Einigungsgebühr ist darüber hinaus bei Mehrwertvergleichen möglich, etwa über nicht anhängigen Unterhalt (s. Rdn 53).
Rz. 51
Der Anwalt erhält zunächst einmal für das Betreiben des Geschäfts (Vorbem. 3 Abs. 2 VV) eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV), die sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 Nr. 1 und 2 VV auf 0,8 ermäßigen kann. Eine Ermäßigung nach Nr. 3101 Nr. 3 VV ist nicht möglich.