Norbert Schneider, Lotte Thiel
a) Versorgungsausgleichssachen
Rz. 304
Versorgungsausgleichssachen sind Verfahren, die den Versorgungsausgleich betreffen (§ 217 FamFG). Dazu zählen sowohl Ausgleichsansprüche aus Anlass der Scheidung als auch Ausgleichsansprüche nach der Scheidung (schuldrechtlicher Versorgungsausgleich) einschließlich der sie betreffenden Abänderungsverfahren nach den §§ 225 ff. FamFG. Auch Anpassungsverfahren nach §§ 33, 34 VersAusglG sind Versorgungsausgleichssachen i.S.d. § 217 FamFG.
b) Ausgleichansprüche aus Anlass der Scheidung
Rz. 305
Über Ausgleichansprüche aus Anlass der Scheidung entscheidet das Gericht von Amts wegen (§ 137 Abs. 2 S. 2 FamFG).
Rz. 306
Ausgleichansprüche aus Anlass der Scheidung sind grundsätzlich Folgesachen im Verbund (§ 137 Abs. 2 S. 2 FamFG) und daher zusammen mit der Scheidungssache und eventuellen weiteren Folgesachen abzurechnen, § 137 Abs. 1 FamFG (siehe § 10 Rdn 36).
Rz. 307
Sie bleiben auch dann Folgesache, wenn das Gericht den Versorgungsausgleich abtrennt (§ 137 Abs. 5 S. 1 2. Hs. FamFG). Es ist auch in diesem Fall einheitlich im Verbundverfahren abzurechnen.
Beispiel 141: Abtrennung Versorgungsausgleich
Das Gericht trennt im Scheidungsverfahren den Versorgungsausgleich nach § 140 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 FamFG ab und entscheidet vorab über die Ehesache.
Es gilt § 137 Abs. 2, Abs. 5 S. 1 FamFG. Der Versorgungsausgleich bleibt Folgesache und ist im Verbund abzurechnen.
Rz. 308
Zur Abrechnung im Verbund siehe § 10 Beispiel 91.
Rz. 309
Isolierte Verfahren sind gegeben
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in den Fällen des Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG, |
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in den Fällen des Art. 17 Abs. 3 S. 2 BGBEG, |
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wenn das FamG die Versorgungsausgleichssache trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 S. 2 FamFG nicht eingeleitet hat, |
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wenn das FamG entgegen § 224 Abs. 3 S. 1 FamFG von einer Tenorierung abgesehen hat, dass ein Versorgungsausgleich wegen kurzer Ehezeit nach § 3 Abs. 3 VersAusglG oder wegen einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich (§§ 6–8 VersAusglG) nicht stattfindet, |
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bei nachträglicher Anfechtung eines Ehevertrags, |
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bei einer Scheidung der Ehe im Ausland, |
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in den Fällen des § 4 VersAusglG, |
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in den Fällen der §§ 33, 34 VersAusglG, |
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bei der Aufhebung der Ehe. |
c) Ausgleichansprüche nach der Scheidung
Rz. 310
Über Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gem. den §§ 20 bis 26 VersAusglG entscheidet das Gericht nach § 223 FamFG nur auf Antrag. Sie sind immer isolierte Verfahren.
d) Versorgungsausgleich bei Aufhebung der Ehe
Rz. 311
Selbstständige Verfahren sind auch solche, die auf den Ausgleich der Versorgungsanrechte bei Aufhebung der Ehe gerichtet sind. Es handelt sich immer um isolierte Verfahren, weil nur die Ehesache nach § 121 Nr. 1 FamFG den Verbund kennt (§ 137 Abs. 1 FamFG).
e) Auskunfts- und Stufenverfahren
Rz. 312
Auskunfts- oder Stufenverfahren nach § 4 VersAusglG werden – abweichend von § 220 FamFG – ebenfalls nur auf Antrag durchgeführt. Es handelt sich um selbstständige Verfahren, die bereits vor Einleitung des Scheidungsverfahrens geführt werden können. Möglich ist auch die Geltendmachung im Verbund als Stufenantrag. Werden Auskunftsansprüche isoliert geltend gemacht, handelt es sich um selbstständige Angelegenheiten i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG und lösen eine gesonderte Vergütung aus.
f) Abänderungsverfahren
Rz. 313
Abänderungsverfahren werden ebenfalls nur auf Antrag durchgeführt (§§ 225 Abs. 2, 226 Abs. 1, 227 i.V.m. 48 Abs. 1 FamFG; §§ 51, 52 VersAusglG). Sie sind grundsätzlich selbstständige Verfahren. Gegenüber dem Ausgangsverfahren, in dem die abzuändernde Entscheidung ergangen ist, sind sie jeweils selbstständige Angelegenheiten i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG und lösen daher eine gesonderte Vergütung aus.
g) Anpassungsverfahren
Rz. 314
Auch Anpassungsverfahren wegen Unterhalts (§§ 33, 34 VersAusglG) werden nur auf Antrag durchgeführt (§ 34 Abs. 2 VersAusglG). Sie sind immer selbstständige Verfahren, weil eine Entscheidung nicht für den Fall der Scheidung, sondern für den Fall eines wirksam gewordenen Wertausgleichs getroffen wird. Für andere Anpassungsverfahren, z.B. wegen Todes oder Invalidität, ist nicht das FamG, sondern der Versorgungsträger unmittelbar zuständig. Es handelt sich insoweit nicht um Verfahren i.S.d. § 217 FamFG.
h) Nachträgliche Anfechtung eines Ehevertrags
Rz. 315
Wird der Versorgungsausgleich wegen eines notariell vereinbarten Ausschlusses im Scheidungsverbundverfahren nicht durchgeführt und ficht ein Ehegatte den Ehevertrag an, so kommt die Durchführung des Versorgungsausgleichs im selbstständigen Verfahren in Betracht.
i) Scheidung der Ehe im Ausland
Rz. 316
Wird eine Ehe im Ausland geschieden, so kommt die Durchführung des Versorgungsausgleichs im selbstständigen Verfahren im Inland in Betracht.
j) Gegenstandswert
Rz. 317
Der Gegenstandswert in Versorgungsausgleichssachen richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 50 FamGKG.
k) Vergütung
Rz. 318
In allen Versorgungsausgleichsverfahren gelten die Gebühren der Nrn. 3100 ff. VV. Hinzukommen kann eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV.