Norbert Schneider, Lotte Thiel
a) Überblick
Rz. 319
Der Gegenstandswert in isolierten Verfahren richtet sich – ebenso wie im Verbund – gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG nach der Vorschrift des § 50 FamGKG, der zwischen
unterscheidet und jeweils gesonderte Regelwerte vorgibt.
Rz. 320
Zu beachten ist in den Fällen des § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG ein Mindestwert von 1.000,00 EUR (§ 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG).
Rz. 321
Das Gericht kann die Regelwerte bei Unbilligkeit im Einzelfall anheben oder auch herabsetzen (§ 50 Abs. 3 FamGKG).
b) Verfahren aus Anlass der Scheidung
aa) Verfahren auf Ausgleich
(1) Grundsatz
Rz. 322
Für jedes Anrecht ist ein Betrag in Höhe von 10 % des dreifachen Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen. Das gilt auch für die abgetrennten Verfahren. Diese werden zwar zu selbstständigen Verfahren, bleiben aber nach wie vor Ausgleichsverfahren aus Anlass der Scheidung (siehe Rdn 327). Für die Bewertung nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG sind nicht nur die tatsächlich ausgeglichenen, vielmehr alle im Verfahren ermittelten Anrechte maßgeblich.
Rz. 323
Für die Wertermittlung ist in selbstständigen Versorgungsausgleichsverfahren, die nur auf Antrag eingeleitet werden, gem. § 34 S. 1 FamGKG auf den Zeitpunkt der Einreichung des Antrags abzustellen.
Rz. 324
Die Besonderheiten bei der Wertermittlung und entsprechende Beispiele sind in § 10 Rdn 36 ff. ausführlich dargestellt.
(2) Abgetrennte Verfahren in den Fällen des Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG
Rz. 325
Um isolierte Verfahren handelt es sich auch in den Fällen des Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG, nämlich wenn
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in einem vor dem 1.9.2009 eingeleiteten Scheidungsverfahren der Versorgungsausgleich zu diesem Zeitpunkt bereits abgetrennt war, oder |
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nach dem 31.8.2009, aber noch vor dem 1.9.2010, abgetrennt worden ist. |
Beispiel 142: Abtrennung des Versorgungsausgleichs vor dem 1.9.2009
Das Scheidungsverfahren war in 2008 eingeleitet worden. Über die Scheidung ist im Mai 2009 nach § 628 Abs. 2 Nr. 4 ZPO a.F. vorab entschieden worden. Gleichzeitig ist der Versorgungsausgleich abgetrennt worden.
Es gilt § 111 Abs. 4 FGG-ReformG. Das abgetrennte Verfahren über den Versorgungsausgleich ist mit Ablauf des 31.8.2009, 24.00 Uhr, zur selbstständigen Familiensache geworden (§ 111 Abs. 4 S. 2 FamFG) und nach den seit dem 1.9.2009 geltenden Vorschriften abzurechnen (Art. 111 Abs. 4 S. 1 FGG-ReformG).
Beispiel 143: Abtrennung des Versorgungsausgleichs zwischen dem 1.9.2009 und dem 1.9.2010
Das Scheidungsverfahren war in 2008 eingeleitet worden. Über die Scheidung ist im Mai 2010 nach § 628 Abs. 2 Nr. 4 ZPO a.F. vorab entschieden worden. Gleichzeitig ist der Versorgungsausgleich abgetrennt worden.
Es gilt § 111 Abs. 4 FGG-ReformG. Mit der Abtrennung ist die frühere Folgesache aus dem Verbund herausgelöst und zur selbstständigen Familiensache geworden (Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-ReformG). Sie ist nach den ab dem 1.9.2009 geltenden Vorschriften abzurechnen (§ 111 Abs. 4 S. 1 FGG-ReformG).
Rz. 326
In diesen Fällen liegt eine gesonderte Angelegenheit vor, in der der Anwalt seine Vergütung gesondert erhält.
Rz. 327
Der Gegenstandswert des abgetrennten Verfahrens richtet sich immer nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Für jedes Anrecht ist ein Betrag in Höhe von 10 % des dreifachen Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen.
Rz. 328
Für die Wertermittlung ist gem. § 34 FamGKG auf den Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrags und nicht etwa auf den Zeitpunkt der Abtrennung oder der Wiederaufnahme des Verfahrens abzustellen.
Beispiel 144: Abtrennung des Versorgungsausgleichs vor dem 1.9.2009
Das Scheidungsverfahren war in 2008 eingeleitet worden. Die Eheleute hatten ein gemeinsames Nettoeinkommen in Höhe von 4.000,00 EUR. Über die Scheidung ist im Mai 2009 nach § 628 Abs. 2 Nr. 4 ZPO a.F. vorab entschieden worden. Gleichzeitig ist der Versorgungsausgleich (drei Anrechte) abgetrennt worden. Im Januar 2013 ist das Verfahren über den Versorgungsausgleich wieder aufgenommen worden. Das dreifache Nettoeinkommen der Ehegatten beläuft sich zu diesem Zeitpunkt auf
a) 3.000,00 EUR
b) 5.000,00 EUR.
Maßgebend bleibt in beiden Fällen das Nettoeinkommen bei Einreichung des Scheidungsantrags. Die nachträglichen Veränderungen sind in beiden Fällen...