Norbert Schneider, Lotte Thiel
a) Verfahrensgebühr
Rz. 109
Für das Betreiben des Geschäfts (Vorbem. 3 Abs. 2 VV) erhält der Anwalt eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV.
Beispiel 40: Verfahren ohne gerichtlichem Termin
Der Anwalt beantragt für die Ehefrau die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für das gemeinschaftliche Kind.
Der Anwalt erhält eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) aus dem Wert von 3.000,00 EUR.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
261,30 EUR |
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(Wert: 3.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
281,30 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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53,45 EUR |
Gesamt |
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334,75 EUR |
Rz. 110
Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 Nr. 1 VV bei vorzeitiger Erledigung auf 0,8.
Beispiel 41: Vorzeitige Erledigung
Der Anwalt ist beauftragt, für die Ehefrau die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für das gemeinschaftliche Kind zu beantragen. Zur Einreichung des Antrags kommt es nicht mehr, da die Eheleute doch noch untereinander eine einvernehmliche Regelung erzielen.
Der Anwalt erhält jetzt lediglich eine 0,8-Verfahrensgebühr (Nr. 3101 Nr. 1 VV) aus dem Wert von 3.000,00 EUR.
1. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV |
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160,80 EUR |
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(Wert: 3.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
180,80 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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34,35 EUR |
Gesamt |
|
215,15 EUR |
Rz. 111
Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 Nr. 2 VV ebenfalls auf 0,8 (siehe Beispiel 52).
Rz. 112
Der Ermäßigungstatbestand der Nr. 3101 Nr. 3 VV ist unanwendbar.
Rz. 113
Ausnahmsweise kommt eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV in Betracht, wenn der Anwalt beide Elternteile hinsichtlich des Sorgerechts vertritt.
Beispiel 42: Vertretung beider Elternteile, Sorgerecht
Das Jugendamt beantragt beim FamG, den Eltern die elterliche Sorge zu entziehen. Beide Eltern lassen sich durch einen gemeinsamen Anwalt vertreten.
Es liegt derselbe Gegenstand zugrunde. Ausgehend vom Regelwert des § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG ist wie folgt abzurechnen:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV |
|
321,60 EUR |
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(Wert: 3.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
241,20 EUR |
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(Wert: 3.000,00 EUR) |
|
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
582,80 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
110,73 EUR |
Gesamt |
|
693,53 EUR |
Rz. 114
Ist vorgerichtlich eine Geschäftsgebühr aus der elterlichen Sorge angefallen (Aufforderung zur Erklärung nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB gegenüber dem Jugendamt), so ist diese Gebühr hälftig, höchstens zu 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).
Beispiel 43: Anrechnung der Geschäftsgebühr
Der Anwalt verlangt für die Kindesmutter außergerichtlich die Zustimmung zur Übertragung der elterlichen Sorge und die Abgabe gemeinsamer Sorgeerklärungen vor dem Jugendamt, was der Ehemann ablehnt. Daraufhin wird ein gerichtliches Verfahren auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge eingeleitet. Der Antrag wird später wieder zurückgenommen, ohne dass mündlich verhandelt worden war.
Der Gegenstand der vorgerichtlichen Tätigkeit ist derselbe wie der des gerichtlichen Verfahrens, so dass nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen ist. Ausgehend von der Schwellengebühr ist wie folgt abzurechnen.
I. |
Außergerichtliche Vertretung |
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1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
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261,30 EUR |
|
(Wert: 3.000,00 EUR) |
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|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
281,30 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
53,45 EUR |
Gesamt |
|
334,75 EUR |
II. |
Gerichtliches Verfahren |
|
|
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
261,30 EUR |
|
(Wert: 3.000,00 EUR) |
|
|
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, 0,65 aus 3.000,00 EUR |
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– 130,65 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
150,65 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
28,62 EUR |
Gesamt |
|
179,27 EUR |
Rz. 115
Liegt der außergerichtlichen Vertretung eine andere Kindschaftssache zugrunde, ist nicht anzurechnen. Das ist z.B. der Fall, wenn außergerichtlich über das Umgangsrecht verhandelt worden ist.
Beispiel 44: Keine Anrechnung der Geschäftsgebühr bei anderer Kindschaftssache
Der Ehemann verlangt außergerichtlich weitergehende Regelungen zum Umgang mit dem gemeinschaftlichen Kind. Der Anwalt der Ehefrau weist dies zurück. Anschließend wird er beauftragt, die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge zu beantragen. Der Antrag wird später wieder zurückgenommen.
Da der außergerichtlichen Vertretung und dem gerichtlichen Verfahren verschiedene Gegenstände zugrunde liegen, scheidet eine Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV aus. Ausgehend jeweils vom Regelwert ergibt sich folgende Berechnung:
I. |
Außergerichtliche Vertretung Umgang |
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|
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
261,30 EUR |
|
(Wert: 3.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
281,30 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
53,45 EUR |
Gesamt |
|
334,75 EUR |
II. |
Gerichtliches Verfahren elterliche Sorge |
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1. |
1,3... |