Norbert Schneider, Lotte Thiel
1. Überblick
Rz. 75
Ehewohnungssachen sind nach § 200 Abs. 1 FamFG Verfahren auf
Rz. 76
Keine Ehewohnungssache, sondern eine Sonstige Familienstreitsache i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG ist ein Verfahren auf Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung (zur Bewertung dieser Verfahren siehe § 8 Rdn 77 f.).
Rz. 77
Die Gebühren in Ehewohnungssachen richten sich nach den Nrn. 3100 ff. VV. Hinzukommen kann eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV).
2. Gegenstandswert
Rz. 78
Die Gegenstandswerte in Ehewohnungssachen richten sich nach § 48 Abs. 1 FamGKG, der jeweils Regelwerte vorsieht.
Rz. 79
In Verfahren nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (Ansprüche nach § 1361b BGB) ist von einem Wert in Höhe von 3.000,00 EUR auszugehen. Dieser Regelwert gilt nicht nur für Anträge auf Überlassung der Ehewohnung für die Zeit der Trennung, sondern auch für Anträge auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB für diesen Zeitraum. Die Vorschrift des § 35 FamGKG wird insoweit verdrängt.
Rz. 80
In Verfahren nach § 200 Abs. 1 Nr. 2 FamFG (Ansprüche nach § 1568a BGB auf Überlassung der Ehewohnung aus Anlass der Scheidung) beträgt der Regelwert 4.000,00 EUR.
Rz. 81
Soweit die Regelwerte des § 48 Abs. 1 FamGKG nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig erscheinen, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen (§ 48 Abs. 3 FamGKG). Ein solcher Fall ist z.B. gegeben, wenn es sich bei der Ehewohnung um ein vom Normalfall deutlich abweichendes, wesentlich höherwertiges Anwesen mit deutlich gehobenem Wohnwert handelt. Auch eine überdurchschnittlich lange Dauer der verlangten Nutzungsentschädigung kann zu einer Anhebung nach § 48 Abs. 3 FamGKG führen. Ebenso können Umfang und Dauer des Verfahrens eine Anhebung rechtfertigen.
Beispiel 19: Erhöhung des Regelwerts
Die Ehefrau verlangt die Überlassung eines höherwertigen Anwesens mit einer Grundstücksgröße von ca. 1.000 m2und einer Wohnfläche von ca. 250 m2und damit eine vom Durchschnittsfall abweichende Immobilie mit deutlich gehobenem Wohnwert.
Der Regelwert in Höhe von 3.000,00 EUR wäre in Anbetracht der besonderen Umstände unbillig. Daher ist er nach § 48 Abs. 3 FamGKG anzuheben. Angemessen ist nach OLG Köln insoweit ein Aufschlag von 50 %, so dass sich ein Wert in Höhe von 4.500,00 EUR ergibt.
Rz. 82
Sofern beide Eheleute die Überlassung der Ehewohnung im selben Verfahren im Wege von Antrag und Widerantrag geltend machen, wird nicht addiert, da nur eine Ehewohnungssache vorliegt, die insgesamt nach § 48 Abs. 1 FamGKG zu bewerten ist. Gegebenenfalls kommt insoweit eine Erhöhung des Regelwerts nach § 48 Abs. 3 FamGKG in Betracht. Nach a.A. sollen Antrag und Widerantrag gesondert bewertet werden, dann aber nach § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG nur der höhere der beiden Werte gelten, da es sich um denselben Gegenstand handele. Diese Auffassung verkennt jedoch, dass es ungeachtet der widerstreitenden Anträge nur um eine Ehewohnungssache geht, die folglich nur einen (Gesamt-)Wert haben kann. Folgt man dieser Auffassung, könnte eine Anhebung nach § 48 Abs. 3 FamGKG nur in Betracht kommen, wenn schon ein Antrag eine Anhebung rechtfertigt. Die Anhebung könnte jedoch nicht mit der Mehrheit der Anträge begründet werden.
Rz. 83
Werden in demselben Verfahren sowohl der Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung geltend gemacht als auch ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung, wird nicht addiert, da derselbe Gegenstand zugrunde liegt. Es gilt nur der einfache Wert.
Beispiel 20: Antrag auf Überlassung der Wohnung und Antrag auf Nutzungsentschädigung
Während der Trennung beantragt die Ehefrau für die Zukunft die Überlassung der gemeinsamen Ehewohnung, die derzeit vom Ehemann bewohnt wird. Für die bisherige Nutzungszeit beantragt sie die Zahlung einer Nutzungsentschädigung.
Beide Anträge betreffen dieselbe Ehewohnungssache und damit denselben Gegenstand, sodass nur der einfache Wert von 3.000,00 EUR anzusetzen ist.
Rz. 84
Gleiches gilt, wenn der eine Ehegatte die Überlassung und der andere im Wege des Hilfswiderantrags die Zahlung einer Nutzungsentschädigung verlangt. Allerdings ist auch in diesem Fall eine Erhöhung des Regelwerts nach § 48 Abs. 3 FamGKG möglich.
Beispiel 21: Antrag auf Überlassung der Wohnung und Widerantrag auf Nutzungsentschädigung
Die Ehefrau beantragt die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit der Trennung. Der Ehemann beantragt Abweisung des Antrags, hilfsweise die Zahlung einer Nutzungsentschädigung.
Antrag und Hilfswiderantrag betreffen dieselbe Ehewohnungssache und damit denselben Gegenstand, so dass nach § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG nur der höhere Wert gilt. Da beide Anträge denselben Geg...