Norbert Schneider, Lotte Thiel
1. Überblick
Rz. 248
Verfahren betreffend das Umgangsrecht sind Kindschaftssachen nach § 151 Nr. 2 FamFG. Es gelten die §§ 152 ff. FamFG.
Rz. 249
Wird das Umgangsverfahren zunächst als Folgesache im Verbund geführt und dann später aus dem Verbund abgetrennt, so wird es dadurch zur selbstständigen Familiensache (§ 137 Abs. 5 S. 2 FamFG). Der Anwalt kann dann das Umgangsrechtsverfahren gesondert abrechnen, sodass die nachfolgenden Ausführungen gelten. Das Verfahren vor und nach Abtrennung gilt in diesem Fall allerdings als eine Angelegenheit (§ 21 Abs. 3 RVG) (zur Anrechnung der im Verbund bereits verdienten Gebühren siehe § 10 Rdn 174 ff.).
Rz. 250
Möglich ist auch, dass ein selbstständiges Umgangsrechtsverfahren nach Einreichung des Scheidungsantrags in den Verbund aufgenommen wird (§ 137 Abs. 4 FamFG). Dann gelten bis zur Aufnahme die bereits entstandenen Gebühren des isolierten Verfahrens, so dass insoweit auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen werden kann. Nach der Aufnahme in den Verbund richten sich die Gebühren dagegen nach den Vorschriften des Verbundverfahrens (zur Abrechnung bei Aufnahme in den Verbund siehe § 10 Rdn 187 ff.).
Rz. 251
Die Gebühren des Anwalts in Umgangsverfahren richten sich nach den Nrn. 3100 ff. VV. Hinzukommen kann eine Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV (Anm. Abs. 2 zu Nr. 1003 VV).
2. Gegenstandswert
Rz. 252
Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG. Es gilt ein Regelwert von 3.000,00 EUR.
Beispiel 108: Verfahrenswert Umgangsrechtsverfahren
Der Ehemann beantragt, ihm ein Umgangsrecht mit dem gemeinschaftlichen Kind einzuräumen.
Die Gegenstandswert beträgt 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG).
Rz. 253
Werden wechselseitige Anträge zum Umgangsrecht gestellt, bleibt es vorbehaltlich einer Anhebung nach § 45 Abs. 3 FamGKG beim einfachen Wert, da die wechselseitigen Anträge denselben Gegenstand betreffen. Auch bei gegenläufigen Anträgen zum Umgang handelt es sich nur um einen Verfahrensgegenstand im Sinne von § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG. Die Bewertung ist daher einheitlich aufgrund aller Anträge vorzunehmen. Es liegt kein Fall des § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG vor.
Beispiel 109: Wechselseitige Umgangsrechtsanträge zum selben Kind
Die Eheleute stellen wechselseitige Anträge zum Umgangsrecht für das gemeinschaftliche Kind.
Der Gegenstandswert beträgt auch hier 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG).
Rz. 254
Betrifft das Verfahren mehrere Kinder, liegt nur ein Gegenstand vor (§ 45 Abs. 2 FamGKG).
Beispiel 110: Umgangsrechtsantrag für mehrere Kinder
Der Ehemann beantragt das Umgangsrecht für die drei gemeinschaftlichen Kinder.
Die Gegenstandswert beträgt auch hier – vorbehaltlich einer Anhebung nach § 45 Abs. 3 FamGKG – 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG).
Rz. 255
Auch dann, wenn für verschiedene Kinder wechselseitige Anträge gestellt werden, liegt nur ein Gegenstand vor (§ 45 Abs. 2 FamGKG).
Beispiel 111: Wechselseitige Umgangsrechtsanträge zu verschiedenen Kindern
Die Ehefrau beantragt den Umgang mit der beim Vater lebenden gemeinschaftlichen Tochter. Der Ehemann stellt einen Widerantrag und beantragt den Umgang mit dem bei der Ehefrau wohnenden gemeinschaftlichen Sohn.
Die Gegenstandswert beträgt auch hier – vorbehaltlich einer Anhebung nach § 45 Abs. 3 FamGKG – 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG).
Rz. 256
Der Verfahrenswert kann bei Unbilligkeit im Einzelfall herauf- oder herabgesetzt werden (§ 45 Abs. 3 FamGKG). Ein solcher Fall ist insbesondere dann gegeben, wenn umfangreiche Anhörungen erfolgen, ein ausführliches Sachverständigengutachten eingeholt wird, wenn weitere Kinder im Verfahrensverlauf einbezogen werden oder andere, vom Durchschnittsfall abweichende Umstände die Erhöhung des Verfahrenswerts rechtfertigen.
Rz. 257
Wird im Umgangsrechtsverfahren eine weitere Kindschaftssache mit anhängig gemacht, sind die Werte der einzelnen Kindschaftssachen zu addieren (§ 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG).
Beispiel 112: Umgangsrechtsantrag und Antrag auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes
Der Ehemann beantragt den Umgang mit der gemeinschaftlichen Tochter und beantragt zugleich auch gem. § 1686 BGB Auskunft über die in der Schule erbrachten Leistungen und abgelegten Prüfungen.
Der Gegenstandswert des Umgangsantrags beträgt 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG), ebenso der Wert des Antrags auf Auskunft (§ 45 Abs. 1 Nr. 4 FamGKG). Der Wert des Verfahrens beträgt damit insgesamt 6.000,00 EUR (§ 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG)
Rz. 258
Wird eine Zwischeneinigung getroffen, ist grundsätzlich ein geringerer Wert anzusetzen. Die überwiegende Auffassung orientiert sich dabei an § 41 FamGKG und nimmt i.d.R. den hälftigen Wert der Hauptsache an. Dieser Wert gilt allerdings nur für die Anwaltsgebühren und ist nach § 33 RVG auf Antrag gesondert festzusetzen.
Beispiel 113: Umgangsrechtsverfahren mit Zwischeneinigung
Im Verfahren auf Regelung des Umgangs schließen die Beteiligten einen Zwischenvergleich. Das Gericht setzt den Verfahrenswert auf 3.000,00 EUR fest (§ ...