I. Allgemeines
Rz. 170
Ein weiterer "Sicherungsmechanismus", der zu Einhaltung eines möglichst hohen Datenschutzniveaus beitragen kann, ist die Einhaltung von Verhaltensregeln (Code of Conduct), die von Verbänden oder anderen Vereinigungen, die Kategorien von Verantwortlichen oder Auftragsverarbeitern vertreten, für die Verarbeitung personenbezogener Daten in bestimmten Wirtschaftszweigen erarbeitet werden können.
Rz. 171
Die Grundidee, die Wirtschaft dazu zu ermutigen, Verhaltensregeln auszuarbeiten, um unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Verarbeitung in bestimmten Bereichen die Einhaltung des Datenschutzrechts zu fördern, ist nicht neu, sondern findet sich bereits in Art. 27 der Datenschutzrichtlinie ebenso wie in § 38a BDSG. Die Ausprägung der dortigen Ausgestaltungen ist nicht sonderlich detailliert. Sicherlich kann auch dies ein Grund dafür sein, dass das Konzept der Umsetzung genehmigter Verhaltensregeln unter Geltung des bisherigen Datenschutzrechts keine wesentliche Bedeutung erfahren hat und nur vereinzelt ausgearbeitet wurden.
Rz. 172
Mit Wirksamwerden der DSGVO können Verhaltensregeln eine neuen Schub und mehr Bedeutung erlangen. So normiert Art. 24 Abs. 2 DSGVO allgemein, dass die Einhaltung genehmigter Verhaltensregeln gemäß Art. 40 DSGVO als Gesichtspunkt herangezogen werden kann, um die Erfüllung der Pflichten des Verantwortlichen nachzuweisen und damit der Rechenschaftspflicht aus Art. 5 Abs. 2 DSGVO nachzukommen. Gem. Art. 28 Abs. 5 DSGVO kann die Einhaltung genehmigter Verhaltensregeln durch einen Auftragsverarbeiter als Faktor herangezogen werden, um hinreichende Garantien im Sinne des Art. 28 Abs. 1 und 4 DSGVO nachzuweisen. Diese Funktion können genehmigte Verhaltensregeln gem. Art. 32 Abs. 3 DSGVO auch im Hinblick auf den Nachweis der Erfüllung der in Art. 32 Abs. 1 DSGVO genannten Anforderungen einnehmen. Bedeutung sollen sie auch im Rahmen der Datenschutz-Folgenabschätzung erhalten (Art. 35 Abs. 8 DSGVO). Im Konzept der DSGVO stellen genehmigte Verhaltensregeln ein wichtiges Instrument zur Erfüllung der dem Verantwortlichen und dem Auftragsverarbeiter obliegenden Nachweis- und Dokumentationspflichten dar und dienen darüber hinaus dem in der DSGVO normierten Selbstregulierungs- und Transparenzgedanken. Interessenverbände und -vereinigungen tun daher gut daran, sich bereits frühzeitig mit dem Themenkomplex der Verhaltensregeln zu befassen und so im Interesse ihrer Mitglieder für eine "Vereinfachung" in der Umsetzung der DSGVO-Vorgaben zu sorgen.
II. Anforderungen an Verhaltensregeln
1. Ausarbeitungsberechtigung
Rz. 173
Verhaltensregeln nach Art. 40 DSGVO können gem. Art. 40 Abs. 2 DSGVO von Verbänden und anderen Vereinigungen, die Kategorien von Verantwortlichen oder Auftragsverarbeitern vertreten, erarbeitet und zur Genehmigung vorgelegt werden. Hierzu gehören neben klassischen Berufsverbänden auch die öffentlich-rechtlich organisierten berufsständischen Kammern. Einzelne Unternehmen können keine Verhaltensregeln unterbreiten.
2. Mögliche Inhalte
Rz. 174
Art. 40 Abs. 2 DSGVO beschreibt (abschließend) die möglichen Regelungsgenstände genehmigter Verhaltensregeln, wobei die benannten Gesichtspunkte nicht zwingend vollumfänglich Gegenstand entsprechender Regelungen sein müssen. Verbände können sich – je nach den Bedürfnissen der Branche – auch au...