Dr. Anna Gründlich möchte den von Dr. Anton Mustermann abgefassten und diktierten Schriftsatz in Vertretung elektronisch signieren. Eine Blankounterschrift verbietet sich seit jeher. Für das Gericht muss erkennbar sein, dass Dr. Anna Gründlich die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernehmen und sich diesen zu eigen machen möchte; dass es sich nicht (mehr) um einen Entwurf handelt.
Möglichkeit 1 (Variante des § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 1 ZPO) (kein Gesellschafts-beA vorhanden):
Dr. Anna Gründlich entscheidet sich, den Schriftsatz qualifiziert elektronisch zu signieren. In diesem Fall benötigt der Schriftsatz keine "Fußzeile"; das beA, aus welchem der Schriftsatz heraus versendet wird, ist rechtlich unerheblich. Der Versand kann in diesem Fall nach Anbringung der qualifizierten elektronischen Signatur und erfolgter Signaturprüfung von Frau Dr. Anna Gründlich selbst oder aber z.B. auch von einem Mitarbeiter aus jedem beliebigen beA heraus vorgenommen werden, siehe dazu auch § 4 Abs. 1 ERVV. Voraussetzung dafür ist, dass Frau Dr. Gründlich entsprechende Rechte im beA des Kollegen Dr. Mustermann zuvor eingeräumt worden sind, z.B. über die Vergabe der Rolle "Vertretung". Vorteil dieser Variante ist, dass der Schriftsatz im Postfach von Dr. Anton Mustermann hochgeladen und hieraus versendet werden kann. So bleibt als "Rückkanal" das Postfach des Dr. Anton Mustermann erhalten.
Möglichkeit 2 (Variante des § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO) (kein Gesellschafts-beA vorhanden):
Dr. Anna Gründlich entscheidet sich, den Schriftsatz durch Anbringung einer einfachen elektronischen Signatur in Kombination mit dem Eigenversand, vgl. dazu § 11 Rdn 17 u. 116 ff. in diesem Werk, zu verantworten. Hierzu ist zwingend der Schriftsatz im Postfach von Frau Dr. Gründlich hochzuladen und aus diesem Postfach heraus auch von ihr selbst – angemeldet mit ihrem eigenen Zugangsmittel – abzusenden.
Möglichkeit 3 (Variante des § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 1 oder Alt. 2 ZPO) (Gesellschafts-beA gem. § 31b BRAO ist vorhanden):
Ist ein Gesellschafts-beA vorhanden und Frau Dr. Gründlich, ebenso wie Dr. Mustermann, hier mit der Rolle "VHN-Berechtigte/r" hinterlegt, kann rechtlich gesehen aus dem Gesellschafts-beA heraus ohne qualifizierte elektronische Signatur gesendet werden, da es sich um einen sicheren Übermittlungsweg i.S.d. § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO handelt. Es ist natürlich nicht "verboten", gleichwohl eine qualifizierte elektronische Signatur anzubringen, wenn Frau Dr. Gründlich diese Variante der Signierung bevorzugt. Sofern Frau Dr. Gründlich im Gesellschafts-beA lediglich die Rolle der "Vertretung" hat, muss der Schriftsatz von ihr qualifiziert elektronisch signiert werden, da ihr das Recht 31 in dieser Rolle nicht zur Verfügung steht und dieses Recht auch nicht isoliert an sie vergeben werden kann. Hinweis: Zu den technischen Problemen in Bezug auf das Gesellschafts-beA, die Probleme der Justiz, den Namen des sendenden Anwalts aus dem Transferprotokoll entnehmen zu können, und die Empfehlung von BRAK und DAV v. 29.9.2022 daher, aus dem Gesellschafts-beA mit qualifizierter elektronischer Signatur zu versenden, siehe auch § 2 Rdn 36 in diesem Werk.