Rz. 34
Der Sonderkündigungsschutz nach dem BEEG lässt sich in drei Fallgruppen unterteilen: Dem Kündigungsschutz nach dem Verlangen von Elternzeit und während der Elternzeit, dem Kündigungsschutz bei Teilzeitarbeit während der Elternzeit sowie dem Kündigungsschutz bei Teilzeitarbeit ohne Elternzeit in besonderen Fällen.
1. Kündigungsschutz nach Verlangen von Elternzeit und während der Elternzeit
Rz. 35
Der besondere Kündigungsschutz nach dem Verlangen der und während der Elternzeit setzt voraus, dass der elternzeitberechtigten Person ein Anspruch auf Elternzeit zusteht, der geltend gemacht oder verwirklicht wurde. Ob ein Anspruch auf Elternzeit besteht, ist nach der objektiven Rechtslage zu beurteilen. Liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Elternzeit nicht vor, weil z.B. das zu betreuende Kind nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, besteht kein Sonderkündigungsschutz. Die Elternzeit muss nicht in dem Arbeitsverhältnis genommen werden, das zur Zeit der Geburt des Kindes bestand. Besonders kündigungsgeschützt ist daher auch die elternzeitberechtigte Person, die in einem neuen Arbeitsverhältnis Elternzeit geltend macht, die beim früheren Arbeitgeber noch nicht vollständig genommen wurde.
Rz. 36
Die Elternzeit muss wirksam verlangt worden sein. Gem. § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG ist das Verlangen schriftlich innerhalb einer bestimmten Frist zu erklären und gleichzeitig anzugeben, für welche Zeiträume die Elternzeit genommen werden soll. Schriftlich bedeutet in diesem Zusammenhang die strenge Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB und setzt die eigenhändige Originalunterschrift auf dem Dokument voraus. Ein Telefax genügt diesen Anforderungen nicht. Es kann jedoch im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein, wenn sich der Arbeitgeber in einem Kündigungsschutzprozess auf die fehlende Schriftform beruft, obwohl er es zuvor hingenommen hat, dass der Arbeitnehmer Elternzeit nimmt. Die bloße Beantragung von Elterngeld stellt weder ein Verlangen dar, noch führt sie zu einer Elternzeit "von Amts wegen". Liegt kein wirksames Verlangen vor, geht der besondere Kündigungsschutz dennoch nicht verloren, wenn das Verlangen nachgebessert wird und somit den gesetzlichen Voraussetzungen genügt. In diesem sowie in dem Fall, dass die Frist für die Geltendmachung nicht eingehalten worden ist, verschiebt sich lediglich der Zeitpunkt des Eingreifens der Elternzeit.
Praxishinweis
In umgekehrter Weise bedeutet dies aber auch, dass bei einem formell mangelhaften Verlangen der Elternzeit durch den Arbeitnehmer der Sonderkündigungsschutz des § 18 BEEG zunächst nicht eingreift. Der Arbeitnehmer läuft in diesem Fall Gefahr, dass das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber durch Kündigung beendet wird. Hierbei darf sich der Arbeitgeber allerdings nicht rechtsmissbräuchlich verhalten, indem er sich z.B. einerseits auf die Nichteinhaltung der Schriftform beruft, andererseits die Elternzeit aber selbst gegenüber der Krankenkasse schon angezeigt hat.
2. Kündigungsschutz bei Teilzeitarbeit während der Elternzeit
Rz. 37
§ 18 Abs. 2 Nr. 1 BEEG gewährt den besonderen Kündigungsschutz auch den Elternzeitberechtigten, die bei ihrem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leisten. Die Teilzeitarbeit muss sich im gesetzlich vorgegebenen Rahmen des § 15 Abs. 4 S. 1 BEEG halten und darf 30 Stunden in der Woche nicht überschreiten. Wird die wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden nicht nur vorübergehend, z.B. wegen vereinzelter Überstunden infolge erhöhten Arbeitsanfalls, sondern dauerhaft überschritten, entfällt der besondere Kündigungsschutz. § 18 Abs. 2 Nr. 1 BEEG schützt sowohl das ursprüngliche Vollzeitarbeitsverhältnis als auch das neu begründete Teilzeitarbeitsverhältnis, das i.d.R. bis zum Ablauf der Elternzeit befristet ist. Will der Arbeitgeber das Teilzeitarbeitsverhältnis beenden oder die Arbeitszeit verringern, benötigt er entweder die Zustimmung des Elternzeitberechtigten oder die behördliche Erlaubnis.
Rz. 38
Wird die Teilzeittätigkeit während der Elternzeit nicht bei demselben, sondern bei einem anderen Arbeitgeber ausgeübt, ist dieses Teilzeitarbeitsverhältnis nicht besonders kündigungsgeschützt. Der Wortlaut des § 18 Abs. 2 Nr. 1 BEEG stellt ausschließlich auf den bisherigen Arbeitgeber ab. Wird in dem Teilzeitarbeitsverhältnis bei dem anderen Arbeitgeber die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeitgrenze von 30 Stunden wöchentlich dauerhaft überschritten, unterliegt das Arbeitsverhältnis des Elternzeitberechtigten weder beim bisherigen noch beim neuen Arbeitgeber dem besonderen Kündigungsschutz.
3. Kündigungsschutz bei Teilzeitarbeit ohne Elternzeit in besonderen Fällen
Rz. 39
§ 18 Abs. 2 Nr. 2 BEEG schützt auch die Personen in besonderer Weise vor Kündigungen, die keine Elternzeit in Anspruch nehmen, weil sie bereits vor ...