Rz. 47
Der in § 5 Abs. 1 PflegeZG geregelte Kündigungsschutz setzt voraus, dass eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung oder Pflegezeit bei einem nahen Angehörigen vorliegt.
Praxishinweis
Ob das Arbeitsverhältnis unter den Anwendungsbereich des KSchG fällt, ist unerheblich. Auch in Kleinbetrieben und bei einer Beschäftigungsdauer von weniger als sechs Monaten kann der Sonderkündigungsschutz nach § 5 PflegeZG daher bestehen.
Rz. 48
In § 7 Abs. 3 PflegeZG ist der Begriff des nahen Angehörigen definiert. Danach sind nahe Angehörige nach Nr. 1 Großeltern, Eltern und Schwiegereltern; nach Nr. 2 Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft und Geschwister; nach Nr. 3 Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder. Onkel und Tanten sowie Kinder des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft werden also nicht erfasst.
1. Voraussetzungen der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG
Rz. 49
Es muss eine akute Pflegebedürftigkeit vorliegen. Wer pflegebedürftig im Sinne des PflegeZG ist, wird in § 7 Abs. 4 PflegeZG definiert. Demnach sind Personen, die die Voraussetzungen nach §§ 14 und 15 SGB XI erfüllen oder voraussichtlich erfüllen werden, pflegebedürftig, also Personen, die zumindest Pflegegrad 1 erfüllen.
Praxishinweis
Da es sich um akute Pflegesituationen handelt, liegt regelmäßig eine Entscheidung der Pflegekasse über die Pflegestufe noch nicht vor. Es ist daher eine auf objektiven Umständen basierende Prognose zu treffen, dass der Eintritt der Pflegebedürftigkeit wahrscheinlich ist.
Die Pflegesituation ist akut, wenn sie plötzlich, also unerwartet und unvermittelt aufgetreten ist und der nahe Angehörige darauf zeitnah und zügig reagieren muss, um eine sofortige pflegerische Versorgung zu gewährleisten. Eine bereits bestehende Pflegebedürftigkeit, die unverändert ist, genügt nicht. Zum anderen muss die Arbeitsbefreiung deswegen erforderlich sein. Der Beschäftigte ist verpflichtet, dem Arbeitgeber unverzüglich die Arbeitsverhinderung und deren voraussichtliche Dauer nach § 2 Abs. 2 S. 1 PflegeZG mitzuteilen. Die zehn Arbeitstage müssen nicht zusammenhängend genommen werden. Der Arbeitgeber hat dann das Recht, eine ärztliche Bescheinigung, die insbesondere über die Notwendigkeit der Pflegemaßnahmen Auskunft gibt, vom Arbeitnehmer zu verlangen. Der Anspruch auf kurzzeitige Freistellung besteht unabhängig von einer bestimmten Belegschaftsgröße.
2. Voraussetzungen der Pflegezeit nach §§ 3, 4 PflegeZG
Rz. 50
Der Anspruch auf Pflegezeit besteht nur gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel mehr als 15 Beschäftigten.
Beachte
Anders als im KSchG wird hier nach "Köpfen" gezählt. Neben Arbeitnehmern werden auch die in § 7 Abs. 1 PflegeZG genannten Personen mitgezählt. Zudem kommt es nicht auf den Betriebsbegriff nach dem KSchG an, entscheidend ist der Arbeitgeberbegriff in § 7 Abs. 2 PflegeZG.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist die Pflege eines nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung. Im Unterschied zu § 2 PflegeZG genügt die bloß voraussichtliche Pflegebedürftigkeit nicht. Die Begrifflichkeit "häusliche Umgebung" ist weit zu verstehen und dient in erster Linie der Abgrenzung zur Betreuung in Pflegeheimen. Eine wöchentliche Mindestpflegezeit ist nicht erforderlich. Das PflegeZG erlaubt es einem Arbeitnehmer nicht, Pflegezeit für ein und denselben nahen Angehörigen mehrfach in Anspruch zu nehmen. Das gilt auch dann, wenn die in Anspruch genommene Pflegezeit kürzer als sechs Monate ist.
Der Beschäftige muss die begehrte Pflegezeit dem Arbeitgeber spätestens zehn Arbeitstage vor Beginn der Pflegezeit schriftlich ankündigen und gleichzeitig erklären, für welchen Zeitraum die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden soll. Erforderlich ist zumindest ein bestimmbares Datum. Die Angabe "nach der Entlassung aus dem Krankenhaus" genügt demgegenüber nicht den Anforderungen.
Praxishinweis
Wird die Ankündigungsfrist von zehn Tagen versäumt, führt dies nicht zur Unwirksamkeit des Antrags. Der Beginn der Pflegezeit wird aber entsprechend nach hinten geschoben.
Der Beschäftigte hat die Pflicht, die Pflegebedürftigkeit durch Vorlage einer geeigneten Bescheinigung nachzuweisen. Der Nachweis erfolgt in der Praxis regelmäßig über eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse. Entscheidend ist das objektive Vorliegen der Pflegebedürftigkeit bei Beginn der Freistellung. Diese kann auch rückwirkend festgestellt werden.
Eine vorzeitige Beendigung der Pflegezeit ist nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Pflegebedürftigkeit nicht mehr besteht oder die häusliche Pflege unmöglich oder unzumutbar wird. In gleicher Weise ist gem. § 4 Abs. 1 S. 2 PflegeZG eine Ver...